Mühlheim verabschiedet Bürgermeister Daniel Tybussek „Der richtige Mann zur richtigen Zeit“

Er legt die Amtskette ab: Stadtverordnetenvorsteherin Gudrun Monat und Nachfolger Alexander Krey (Mitte) verabschieden Bürgermeister Daniel Tybussek nach zwölf Jahren. Bild: ron

Mühlheim – Nach mehr als zwei Stunden steht ein sichtlich gerührter Daniel Tybussek (SPD) auf der Bühne der Willy-Brandt-Halle vor seinen Bürgerinnen und Bürgern. Die hält es nicht auf den Plätzen. Stehend verabschieden sie den zum 30. Juni scheidenden Rathauschef mit lang anhaltendem Applaus. Am Dienstagabend sind noch mal alle in Mühlheims Gud Stubb gekommen: Familie, Freunde, Weggefährten, Vereinsvertreter, Amtskollegen, politische Partner und Gegner.

„Es war mir eine große Ehre“, sagt der just an dem Tag auch um ein Jahr älter gewordene Tybussek, er blicke auf zwölf schöne Jahre als Bürgermeister in seiner Heimatstadt zurück. Auf dem Gabentisch ist kein Platz mehr, das Büffet eröffnet. Den mehr als 200 Gästen wird spätestens jetzt klar, dass eine Ära endet, geprägt von Herausforderungen und getragen vom 24/7-Einsatz eines Workaholics, der ebenso die Geselligkeit schätzt und lebt.

Mit 32 Jahren kürte ihn die SPD 2010 zum Bürgermeisterkandidaten, im Januar 2011 übertrumpfte der gelernte Diplom-Kaufmann den Amtsinhaber Bernd Müller (CDU) und zog – gestützt von 59,2 Prozent der Wähler – ins Mühlheimer Rathaus ein. In der Wählergunst kletterte der heute 46-Jährige noch einmal nach oben: 2017 bestätigten ihn die Mühlheimer mit 72,55 Prozent der Stimmen im Amt.

Zwölf Jahre, das waren laut Parlamentschefin Gudrun Monat (Grüne) „72 Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung, etwa 215 Ausschusssitzungen, 540 Magistratssitzungen, unzählige Termine mit Bürgerinnen und Bürgern, bei Vereinen, beim Kreis Offenbach, bei anderen Institutionen, unendlich viele Feste und Veranstaltungen, die kann man gar nicht alle zählen, vor allem abends und am Wochenende, bis hin zu nächtlichen Besuchen bei Einsätzen der Feuerwehr.“ Ob das graue Haare verursacht habe, könne man nicht beurteilen, scherzt Monat mit Blick auf den Glatzenträger Tybussek. „Es waren außergewöhnliche Jahre mit außergewöhnlichen Themen und Herausforderungen und mit großen Emotionen“, sagt die Stadtverordnetenvorsteherin anerkennend.

In der Tat fallen in Tybusseks Amtszeiten die Auswirkungen des Finanzcrashs, die Flüchtlingskrise, die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg mit Erschütterungen, die auch am beschaulichen Mühlheim nicht spurlos vorbeigingen. „Eine beachtliche Zeit“, zollt Amtsnachfolger Dr. Alexander Krey (CDU) Tribut, in der sich Tybussek als „Krisenmanager“ bewährt habe. Er sei dankbar gewesen, bei seinem Amtsantritt als Erster Stadtrat „einen erfahrenen Bürgermeister an meiner Seite zu wissen“.

Kreisbeigeordneter Carsten Müller (SPD) erzählt sinnbildlich für Tybusseks Engagement eine Anekdote: Als der Wahl-Mühlheimer an einem späten Freitagabend auf dem Heimweg im Rathausinnenhof Licht in des Bürgermeisters Büro entdeckt, zum Handy greift und ihn darauf hinweisen will. Da erfährt er von Tybussek, dass der noch über Akten brüte.

Ex-Bürgermeister Karl-Christian Schelzke wirft als Geschäftsführer der Wahlbeamten in Hessen die Frage auf: „Gibt es ein Leben nach dem Bürgermeister-Amt?“ Ja, das gebe es, sei aber nicht immer einfach für die Familie, sagt er augenzwinkernd. Tybusseks Frau Tatjana müsse sich aber keine Sorgen machen, ihr Mann habe ja schon einen Anschlussjob gefunden.

Daniell Bastian (FDP) aus Seligenstadt spricht stellvertretend für die Bürgermeister der Kreiskommunen und streicht heraus, dass ihn die Klarheit von Tybusseks Entscheidung, nicht mehr für eine dritte Amtszeit zu kandidieren, beeindruckt habe. Er habe noch nie jemanden gehört, der gesagt habe, „ach, hätte ich doch mehr gearbeitet“, aber sehr wohl, dass man mehr Zeit mit der Familie hätte verbringen können. Es zeuge von innerer Größe, wenn man das Ende selbst bestimme, sagt Bastian.

Anerkennende Worte finden auch der Ausländerbeirat, das Frauenbündnis sowie die Fraktionsvorsitzenden von CDU, Grünen, Bürger für Mühlheim, Die PARTEI und SPD. Sozialdemokrat Harald Winter sagt über den „Bürgermeister mit Leib und Seele“, es habe kaum eine Veranstaltung gegeben, „die du nicht besucht hast“, sogar ein „Fassbieranstich-Trainingslager“ bei Mühlheims mittlerweile leider verstorbenem „Schoppemogul“ Lothar Ulitzsch habe der Perfektionist und leidenschaftliche Fastnachter absolviert.

In einem 15-minütigen Video, von dem zunächst ein Ausschnitt gezeigt wird, sprechen Mühlheimer mit viel Anerkennung über ihren Bürgermeister: „Er war immer da“, sagt eine. Müllerborsch Volker Hatzebruch spricht im Namen des Verkehrs- und Verschönerungsvereins für alle Mühlheimer Vereine in Richtung Rathauschef: „Du hast dein Amt gelebt, nicht als Beruf, sondern als Berufung.“ Volker Schäfer resümiert im Namen der Lämmerspieler Ortsvereine: „Für viele war er der richtige Mann zur richtigen Zeit.“

Musikalisch wird der Abend von Jolante Ilkow am Klavier und Musikschulleiter Boris Kottmann an der Violine umrahmt, die mehrere Stücke zum Besten geben.

Von Ronny Paul