Geschichtsverein präsentiert neue Ausstellung im Museum „Schätze aus Spielzeugkiste“

Lieblingsstücke: Karl-Heinz Stier und Gerda Brinkmann haben zu der Ausstellung „Schätze aus der Spielzeugiste“ im Stadtmuseum eigene Spielsachen beigesteuert.

Mühlheim – Fewa, das Feinwaschmittel, Fakt und Hoffmanns Reis-Stärke, Champignon Camembert, 3-Glocken-Nudeln und Kaba-Kakao, an diese Artikel wird das Publikum reiferer Jahrgänge im Stadtmuseum erinnert. Eltern kauften sie im Tante-Emma-Laden um die Ecke, beim Nachwuchs standen sie originalgetreu im Kaufladen, der kleinen Bühne im Kinderzimmer. Auch was sonst hoch in der Gunst der Sprösslinge des vergangenen Jahrhunderts rangierte, zeigt der Geschichtsverein ab Freitag.

„Es war einmal – Schätze aus der Spielzeugkiste“ sind in elf Vitrinen drapiert. „Vieles haben Mütter und Väter selbst gemacht, erinnert Karl-Heinz Stier. Das Karussell mit den schlichten Wagen ist aus dünnem Blech gefertigt, der Teddybär mit Sägemehl ausgestopft. Er ist dem Vorsitzenden des Geschichtsvereins bis heute treu, sein Blick jedoch getrübt, weil eines der Knopfaugen nur noch am seidenen Faden hängt.

Mehr auf Seite 2

„Spielsachen gibt es so lange wie die Menschheit“, erklärt der Stadtrat. „Allein das Material war vor tausend Jahren ein ganz anderes.“ Mädchen und Jungen beschäftigten sich mit primitiven Formen wie Steinen, Holzstückchen und Knochen. Heute bevorzugen sie hoch technisierte Artikel. Die Schau an der Offenbacher Straße dokumentiert die Vielfalt.

„Kinder treibt die Neugier“, erläutert Lehrerin a. D. Gerda Brinkmann, die mit Petra Hess, einem neuen Mitglied im Vereinsvorstand, die Leihgaben aus einem Dutzend Haushalten sortiert hat. „Ihre Lust zu spielen ist angeboren, fördert die Haupttriebkräfte der frühkindlichen Selbstfindung.“ Spielzeug verdeutlichte aber auch die Unterschiede zwischen Arm und Reich.

„Viele Kinder mussten in Hof und Haushalt helfen, Geld verdienen, manchmal betteln, um ihre Familie über Wasser zu halten“, schildert die Pädagogin. „Sie vergnügten sich mit den einfachsten Dingen wie Kastanien, Eicheln und Tannenzapfen, gestalteten mit Sand und Ästen eine Traumwelt.“ In einem Fürstenhaus wie dem von August von Sachsen bekam der zwölfjährige Sohn 1572 eine aufwendig gearbeitete Jagdgesellschaft aus Miniaturfiguren. Töchter hatten in dieser Zeit prächtig ausgestattete Puppenküchen mit Geschirr aus Zinn.

Ende des 18. Jahrhunderts unterstützten Baukästen mit hohem Lernwert, Fantasie und Feinmotorik. Die industrielle Revolution hat Kinder zur Nachahmung angeregt, deutet Stier auf Dampfmaschine und Spielzeug-Eisenbahnen hinter Glas. Märklin galt als Entwickler für technische Spielgeräte, „da setzt die Ausstellung an“. Insgesamt 300 Objekte wurden zusammengetragen.

Was es nicht zu sehen gibt, ist Kriegsspielzeug, betont Gerda Brinkmann. Schockierende oder anstößige Exponate haben keinen Raum gefunden. Dafür Märchenbücher wie ihr Lieblingswerk, das sie zu Weihnachten 1942 bekommen hat. Bei der Lektüre habe sie „Rotz und Wasser geheult“, verrät die Beschenkte, „weil Grimms Erzählungen so traurig sind“. Märchenszenen sind an den Fenstern eingerichtet, an den Tischen können alte Spiele ausprobiert werden.

Die Ausstellung ist bis zum 29. Mai jeweils sonntags von 11 bis 16 Uhr geöffnet, für Gruppen auch nach Vereinbarung unter z 06108 74341. Masken sind erwünscht.

Von Michael Prochnow