Sandra Glock leitet seit 13 Jahren das Mühlheimer Bestattungsunternehmen Wilhelm Glock „Das Sterben hinterlässt fast immer eine Lücke“

Zwei, die den Tod nicht verdrängen können, sondern tagtäglich damit zu tun haben, Sandra Glock und Stefan Hirsch. Foto: man

Mühlheim (man) – Am Lebensende steht das Scheitern. Wenn bei einem Bestattungsunternehmen das Telefon klingelt, dann passierte gerade, was sich kaum jemand wünschte: Der Tod zog ein.

Vor 13 Jahren übernahm Sandra Glock von ihrem Vater Wilhelm das „Mühlheimer Bestattungsunternehmen Wilhelm Glock“. Der Schreinermeister machte sich 1964 als Bestatter mit einem Kompagnon selbstständig, Das heutige Unternehmen gründete er vor 38 Jahren.

Wilhelm Glock, der nach wie vor im Hintergrund mitarbeitet, kann sich an die erste Leiche noch bestens erinnern, die er abholen musste, „aus dem Ketteler Krankenhaus in Offenbach“.

Eine Krankenschwester zog den Körper im Keller aus der Wand. Der damals 25-Jährige zuckte vor Schreck zurück, als er die Leiche anfasste. Eiskalt fühlte sich der Körper an.

Tochter Sandra Glock erzählt, wie sie als 15-jährige anfing, für das elterliche Unternehmen zu arbeiten. Handys gab es noch nicht. Das Telefon musste aber immer besetzt sein. Niemand, dessen Angehöriger gerade verstarb, will auf einen Anrufbeantworter sprechen. „Wir sind 365 Tage im Jahr für 24 Stunden pro Tag erreichbar“, betont die 47-Jährige. Lebenspartner Stefan Hirsch ging vergangene Nacht um vier ans Telefon. Jemand hatte angerufen, weil die Großmutter gerade im Krankenhaus verstorben war.

Eigentlich hätte das warten können. Denn um die Zeit kommt kein Arzt vorbei, um einen Totenschein auszustellen, der einem Bestatter vorliegen muss. Sandra Glock und Stefan Hirsch haben aber Verständnis für den Anrufer. Die Angehörigen befänden sich in eine Ausnahmezustand, „da handelt niemand mehr rational“.

Die Eltern einer 17-Jährigen sprechen ruhig und entspannt, fernab von einem salbungsvollen Habitus. Bevor Sandra Glock das Unternehmen übernahm und Stefan Hirsch einstieg, hatten die beiden auf gänzlich unterschiedlichen Feldern ebenfalls schon beruflich mit Menschen zu tun. Die Diplom-Verwaltungswirtin stiftete auf dem Standesamt im Mühlheim so manche Ehe, als Bautechniker agierte Hirsch als Leiter von Baustellen.

Wenn Notärzte und Sanitäter mit dem Wissen zu einem Unfallort fahren, dass Kinder involviert sind, herrscht im Wageninnern meist Schweigen.

„Bei uns ist das nicht anderes“, erklärt der 49-Jährige. Auch für Bestatter ist es ein gewaltiger Unterschied, ob jemand das Zeitliche segnete, über den „nach einem erfüllten Leben“ in der Todesanzeige steht, oder ob ein Kind starb.

„Da gibt es keine tröstenden Worte“, erzählt Glock von den Momenten, wenn auch denen die Tränen fließen, zu deren Beruf der Tod gehört. Aber auch wenn eine 98-Jährige nach einem prallen Leben ohne Langeweile stirbt, heißt das nicht, dass Kinder und Enkel automatisch gefasst reagieren, „das Sterben hinterlässt fast immer eine Lücke“. Traurig sind die Fälle, wenn niemand trauert. Glock beobachtet auch, welche Rolle der Glaube spielt: „Die Hoffnung, sich im Jenseits wieder zu sehen, erleichtert den Abschied.“

Auf der klassischen Beerdigung spricht der Pfarrer, der den Verstorbenen auch noch kannte. Mittlerweile haben sich aber viele von der Kirche verabschiedet. Wenn gewünscht, organisiert Glock einen Redner, „wir sehen zu, dass er zur Familie passt“. Im Vorgespräch mache es nur keinen Sinn, von familiärer Harmonie zu reden, wenn es schon seit Jahren knirschte, „dann wundern sich alle, von was der Mann erzählt“.

Mit André Hoppe und Claudia Fiala freut sich Sandra Glock über absolut verlässliche Mitarbeiter, „die übernehmen komplett, wenn wir mal nicht da sind“. Auch die Eltern Wilhelm und Helga Glock können einspringen, wenn Tochter und Schwiegersohn im Urlaub sind, was selten passiert.

Das Privatleben muss sich dem Beruf anpassen. Sandra Glock erzählt, es sei nicht möglich, verkleidet und geschminkt zur Fastnachtssitzung zu gehen. Binnen einer halben Stunde müssen die Bestatter vor Ort sein, wenn die Polizei anruft. Man könne nicht als Clown verkleidet einen Toten abholen.