SCHÄTZE AUS DEM MUSEUMSDEPOT Alte Zweiräder im Haus der Stadtgeschichte Gefertigt in Offenbach

Museumsleiter Jürgen Eichenauer mit einem Offenbacher Fahrrad, das um 1865 hergestellt wurde.

Offenbach – Bequem schauen sie nicht aus: Die beiden Fahrräder, die im Magazin des Hauses der Stadtgeschichte verwahrt sind, dürften heutigen Rad-Enthusiasten eher Schmerzens- denn Freudenrufe entlocken. Die beiden Modelle aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind nämlich größtenteils aus Metall gefertigt, lediglich die Griffe und Speichen bestehen aus anderen Materialien, moderner Komfort fehlt gänzlich.

Dass sie erhalten geblieben sind, gleicht einem Wunder: 1938, als das alte Offenbacher Museum umzog, wurden die Fahrräder im Keller gefunden und dann andernorts gelagert. Somit entgingen sie der Vernichtung, denn viele historische Objekte wurden bei einem Bombenangriff 1943 auf das alte Museum unwiederbringlich zerstört.

Für Sonderausstellungen werden die Räder aus dem Depot geholt, denn sie zeigen, wie sehr sich diese inzwischen entwickelt haben. Die alte Form des Drais-Urrades ist noch gut erkennbar, der metallene Sattel ist mittig angebracht, der Lederbezug noch recht gut erhalten.

Trotz des metallenen Gehäuses wirkt das Rad filigran. Die Pedale sind am Vorderrad, die Bremsvorrichtung bestand aus einem Seilzug, der rekonstruiert wurde. Die Räder sind aus Metall, die Speichen bestehen aus Holz. „Man erkennt sehr gut, dass Kutschenräder als Vorbild dienten und weiterentwickelt wurden“, sagt Jürgen Eichenauer, Leiter des Hauses der Stadtgeschichte. Das Fahren mit metallenen Rädern dürfte kein Vergnügen gewesen sein, vermutet er. Erst um 1890, als der Gummireifen sich durchsetzte, hat sich die Situation gebessert.

Die Räder wurden in Offenbach gefertigt, wie das Typenschild ausweist, auf dem die Nummer 176 eingeschlagen ist. „Die Räder wurden in einer winzigen Auflage hergestellt“, sagt Eichenauer. Aber sie wurden beachtet: 1867 wurde dieses Modell bei der Weltausstellung in Paris vorgestellt.

Informationen zum Museum gibt es unter offenbach.de/haus-der-stadtgeschichte

Von Frank Sommer