Konzert von Just Harmonist Mit Hebbert und Wilma durchs Programm

Achim Ortmann und Manuela Schwing geben mit „Hebbert und Wilma“ das klassisch hessische Ehepaar, einander herzlich im schnoddrigen Umgang verbunden. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Hebbert grübelt über der Frage, um was es sich bei einem Pangramm handelt. Wilma weiß das, „des is‘, wenn in eim Satz alle Buchstabe vorkomme“. Ein Beispiel hat sie ebenfalls parat: „Sylvia wagt quick den Jux bei Pforzheim.“ Das Thema hängt mit der Überschrift des Konzerts von „Just Harmonists“ im großen Saal der Frei-religiösen Gemeinde Offenbach am Schillerplatz zusammen. Chorkonzerte erklingen fast immer unter einem Motto, das scheint Gesetz zu sein. Auf der Eintrittskarte steht dann etwa „Lieder der Liebe“ oder „Leuchtende Töne in dunklen Tagen“. „Just Harmonists“ entschied sich für „Unnützes Wissen: Wer weiß denn so was?“ Auf der Bühne analysieren „Hebbert und Wilma“ beispielsweise, wie oft man ein Papier falten müsste, dass dessen Höhe bis zum Mond reicht.

Den meisten Menschen fällt es viel leichter, sich etwas zu merken, wenn sie nicht müssen, wenn also kein Lehrer drohend verkündet, „wenn Du das nicht sagen kannst, dann bleibst du sitzen“. Das kann Wilma nicht passieren. Die Frau ist informiert: „Du musst des Blatt 42-mal falde, dann biste aufm Mond, theoretisch“. Unglaublich aber dennoch wahr. Denn hier kommen die Gesetze „von der Exponentialrechnung“ zum tragen.

Wilma und ihren Gatten Hebbert mimen Manuela Schwing und Achim Ortmann. Die stehen bei den Konzerten von Just Harmonists schon seit Jahren für den Archetypus des hessischen Ehepaars, das die Silberne Hochzeit schon lange hinter sich hat und sich einander im schnoddrigen Umgang symbiotisch verbunden fühlt. Hebbert kann Wilma nichts recht machen, gibt sich aber auch nicht alle Mühe der Welt. Die Pointen ihrer Dispute münden immer in der nächsten Nummer.

Den Chor dirigiert Peter Krausch. Wenn Krausch am Pult steht, kann sich der Zuhörer auf saubere Intonation, präzise Einsätze und klare Artikulation verlassen. Krausch versteht es generell, das Optimum aus einem Chor herauszuholen. „Man erkennt den Grad seiner Strenge am Grad seiner Ironie“, gibt der Chorvorsitzende Stephan Reinke Einblick in die Probenarbeit. Die meisten üben ihre Töne auch außerhalb der Donnerstagsingstunden in den Räumen der Kirchengemeinde in Waldhof: Mit dem Laptop oder dem Smartphone. „Krausch richtet uns mp3-Files ein, mit den wir unsere Stimmen in den Songs alleine üben können.“

Klassische Chorliteratur spielt in den Konzerten von Just Harmonists meist keine Rolle. Statt dem Röslein auf der Heide steht ein Titel wie „Engel“ von Rammstein auf dem Plan. Akzentuiert setzen die Männerstimmen die dezent martialisch wirkende Phonetik um. Auch eher minder pop-begeisterte Ohren können sich am Konzert erfreuen. Die Songs erklingen in Chorarrangements einem gänzlich veränderten Sound, alleine schon aus dem Grund, weil die monotone Taktbegleitung fehlt.

Unter der Rubrik „unnützes Wissen“ beantwortet sich Hebbert die Frage selbst, wie lange im statistischen Mittel ein Ehemann in seinem Leben bei der Absicht, gemeinsam das Haus zu verlassen, auf seine Gattin wartet: „Im Schnitt ein Jahr.“ Weshalb Hebbert meint, der Song „Die perfekte Welle“ sei nicht unbedingt ein Lied, das seiner Frau auf den Leib notiert sei, „die bekommst du doch nie, du sagt doch nur ‘schwapp schon mal vor’“.

Den Begriff „postum“ dürften zwar die meisten kennen, Wilma erklärt ihn jedoch so, dass ihn niemand vergessen kann. „Jochen Rindt wurde 1970 postum Formel 1-Weltmeister.“ Das lag daran, dass sich der Vorsprung des Österreichers nach seinem Unfalltod in Monza vier Rennen vor Saisonende als ausreichend herausstellen sollte. Hebberts Einwand wirkt plausibel, „was hat der denn davon?“ An anderer Stelle erkennt sich der Mann in seinem Alltag mit Wilma textlich wieder, als er einen Song von Roger Cicero ankündigt: „Zieh die Schuh aus!“