Die Darsteller waren alle bekannte Rödermärker: Peter Knapp selbst samt seiner Wirtin, Altbürgermeister Roland Kern als Vorsteher der jüdischen Synagoge, Peter Murmann als Knecht Franz. Dazu kamen zahlreiche Seligenstädter mit langer Erfahrung im historischen Geleitszug. „Er findet immer wieder Leute, die mit der gleichen Begeisterung wie er zum Mitmachen anzustecken sind“, lächelte seine Lebensgefährtin Ursula Walter.
Die langen und teilweise hochgradig mundartlichen Texte hat der Autor vorsichtshalber in den Wochen davor schon einzeln einlesen lassen und sie zu einem Ganzen zusammengefügt, sodass die Hobby-Schauspieler sich jetzt ganz auf ihre Darstellung und ihre Lippenbewegung konzentrieren konnten. Gekleidet waren alle Mitspieler absolut stilecht, worauf Peter Knapp bei jedem ein Auge hatte: Hier musste das Halstuch richtig gebunden sein, da durfte das Hemd nicht heraushängen, dort wurde noch mal an den Schnallen der Schuhe gezupft. Für die Kostüme sorgten der Bestand des Autors sowie der Fundus des Heimatbundes Seligenstadt, der seinen Vorsitzenden Richard Biegel als Sprecher zwischen den Episoden beisteuerte.
Dass der „Hirschwirth“ diesen Stress gesund übersteht, ist ein Wunder bei dem Pensum, das Knapp vom Schreiben des letzten Kapitels über teilweise recht chaotische Proben bis zur perfekten Licht- und Soundtechnik im Hof geleistet hatte. Nur die Technik hat anfangs noch gemuckt, doch der Ton kam auch bis in die letzten Ecken des Hofes an.
Musikalisch begleitet wurde das Stück vom „Kämmer(chen)orchester“, stilecht präsentiert von Familie Fischer aus Seligenstadt: eine Mutter mit drei Töchtern an klassischen Streichinstrumenten. Und natürlich von den Trommlern, welche die Soldateneinmärsche andeuten. Diese Soldaten versuchen dann auch gleich mal, in den Reihen der Zuschauer Heeresnachschub zu akquirieren. Das Stück bietet unzählige tolle Ideen, die der Zuschauer erst schrittweise alle verinnerlichen kann.
„Er war in den letzten Wochen vor lauter Arbeit auch immer schwerer zu ertragen“, berichtete Ursula Walter, „aber ich rette mich mit Yoga über diese Zeit. Und mit Knödelkochen und Textlernen und vielem mehr.“
„Barock am Dalles“ ist eine Kostümreise mit sehr viel lokalem Hintergrund, die aber an vielen Stellen zeigt, dass sich Geschichte immer wiederholt – vieles ist leider auch heute. Akteure wie Zuschauer hoffen, dass dieses Stück mit seinem ungeheuren Aufwand keine einmalige Vorstellung bleibt. Bei einer Wiederholung aber vielleicht mit kürzeren Pausen zwischen den Episoden. Denn sie reichen zum ausgiebigen Speis-und-Trank-Holen, reißen den Zuschauer aber immer aus seiner Zeitreise.
chz