Kooperation auf allen Ebenen

Wo bis 2017 Damen- und Kinderbekleidung sowie Wäsche verkauft wurden, gibt’s demnächst eine Bäckerei mit Café.

Ein Leerstand in bester Lage wird neu belebt. Auf dem Grundstück des Textilhauses Schwarzkopf entstehen 13 Wohnungen und – höchst wahrscheinlich – eine Bäckerei mit Café im Haupthaus. Das bleibt bestehen.

Urberach – Wenn Hauseigentümer, Investor, Architekt und Verwaltung an einem Strang ziehen, kann auch ein Grundstück mit Strahlkraft schnell, zukunftsträchtig und das Stadtbild belebend entwickelt werden. Im konkreten Fall ging Sophia Schwarzkopf, Besitzerin des Ende 2017 geschlossenen Textilhauses Schwarzkopf, auf Bürgermeister Jörg Rotter zu und fragte, was aus Geschäfts- und Wohnhaus in der Konrad-Adenauer-Straße werden kann. Rotter brachte Christian Früchtenicht ins Spiel.

Der ist kein Baulöwe, sondern bezeichnet sich als „Investor mit lokalem Fokus“. Seine Referenzen in Rödermark: das Hitzel & Beck-Gelände in der Odenwald- und die Citroen-Werkstatt in der Dieburger Straße. Rödermarks übelste Altlast wurde 2018 zum „Wohnquartett S 1“, auf der schadstoffbelasteten Ex-Tankstelle entstehen ebenfalls Wohnungen. Bei beiden Grundstücken war eine aufwendige Bodensanierung erforderlich.

Unter dem 1925 gebauten Traditionsgeschäft müssen Früchtenicht und sein Architekt Michael Riegelbeck das wohl keinen Dreck befürchten. Die Herausforderung war eine andere: Neues Geschäftsleben in den markanten Bau bringen und dringend benötigte Mietwohnungen schaffen, ohne dem Urberacher Ortskern einen Fremdkörper aufzupfropfen.

Riegelbeck will das Stammhaus erhalten, den Anbau an der Borngasse jedoch abreißen. An seiner Stelle plant er ein Stadthaus mit zwei Voll- und einem zurückgesetzten Staffelgeschoss. Dort ist Platz für 13 Wohnungen (70 bis 100 Quadratmeter) und Tiefgarage. Das Stammhaus bleibt als Wohnsitz der Familie Schwarzkopf/Löbig erhalten. In den Laden werden mit großer Wahrscheinlichkeit Bäckerei und Cafè einziehen.

Nach nur drei Monaten bekam der Entwurf das Okay der Rödermärker Bauverwaltung, am Montag stimmte der Magistrat zu. Jetzt können Früchtenicht und Riegelbeck ins Genehmigungsverfahren gehen. „Der Kreis Offenbach ist um Lichtjahre schneller als andere Behörden“, ist Christian Früchtenicht nach den bisherigen Gesprächen guter Dinge. Was anderswo ein halbes Jahr dauere, werde hier in höchstens zwei oder drei Monaten erledigt.

Noch dieses Jahr sollen bauliche Tätigkeiten auch außen zu sehen sein. Entkernt wurde das Geschäft schon, denn dazu braucht’s keine Abrissgenehmigung.

Rund fünf Millionen Euro investiert die von Christian Früchtenicht, seinem Bruder Timm und Janek Riedl gegründete Projektgesellschaft – ein ordentlicher Brocken bei jährlich 35 bis 40 Millionen Euro Bauleistungen. Personalmangel fürchtet Früchtenicht nur bedingt. Dem baut er mit einem Arbeiterwohnheim (34 Plätze) und Löhnen über Tarif vor. Sorgen machen ihm da eher knappe Materialien. „Es gibt lange Lieferzeiten“, sagt er. Den Parkettboden zum Beispiel muss er spätestens mit Beginn der Rohbauarbeiten bestellen. Aber immerhin seien die Lieferketten nicht gerissen.

Von Michael Löw