Arbeit und Kosten (rund 125 000 Euro) haben sich gelohnt: Im renaturierten Abschnitt tummeln sich Bachneunaugen in großer Zahl. Und Eisvögel machen bei ihren Fischzügen dort immer wieder Station. Aber auch ein paar Kilometer weiter rodauabwärts holt sich die Natur Bach und Ufer zurück.
In Rodgau ist der Biber schon länger wieder heimisch. Der Nager sei ein fester Bestandteil des Ökosystems Rodau, hieß es bereits vor eineinhalb Jahren von der Stadt. Nun schaut es so aus, als ob sich das Nagetier Stück für Stück der Gemarkungsgrenze nach Rödermark heranknabbert.
Darauf lassen Beobachtungen schließen, die das Ehepaar Stefan Ziegler und Celia Chen aus Ober-Roden gemacht haben. Der Biologe und die Lehrerin an der Nell-Breuning-Schule sind regelmäßig mit dem Rad oder zu Fuß in der Gemarkung, auch entlang der Rodau, unterwegs. Dort fielen ihnen vor ein paar Wochen – etwa auf Höhe des Betonwerks Kleemann in Rollwald – frische Fraßspuren an Bäumen auf. „Wir haben dort auch erste Zeichen für die Anlage eines Biberdamms gesehen.
Das Areal scheint biberfreundlich zu sein, denn die Rodau hat dort bereits vor Jahren zu mäandrieren angefangen und befindet sich im Naturschutzgebiet Rodauwiesen bei Rollwald“, vermutet Stefan Ziegler. Als er vor ein paar Tagen erneut vor Ort war, hatte der Biber einen Baum, der beim letzten Besuch noch „angeknabbert“ war, gefällt. Dieser jüngste „Arbeitsnachweise“ eines Bibers befindet sich noch auf Rodgauer Gebiet, die Gemarkungsgrenze ist aber ziemlich nahe.
Vom Main aus haben sich die Tiere über Mühlheim und Obertshausen in den vergangenen Jahren in südlicher Richtung ausgebreitet. Im Umweltbericht der Stadt Rodgau wurden sie 2013 erstmals erwähnt. Im Sommer 2022 wurde ein Biberdamm am Rand des Gewerbegebietes Nieder-Roden-Süd entdeckt. Besonders in den renaturierten Abschnitten des Bachs bei Weiskirchen, Hainhausen und Jügesheim fühlten sich die Biber wohl. Nun eben auch weiter bachaufwärts. Sie stauen Wasser auf und bauen ihre Behausungen. Der Eingang zur Biberburg liegt immer unter Wasser – das schützt vor den hier nicht vorhandenen Feinden.
Stefan Ziegler und Celia Chen haben den Biber übrigens noch nicht zu Gesicht bekommen. So schnell wird das wohl auch nicht passieren. Schließlich sind die Tiere nachtaktiv. „Da müsste man schon ganz viel Glück haben, um ihn zu sehen, oder eine Kamera aufstellen. Das wäre hier wohl die optimale Stelle für eine Webcam“, sagt Celia Chen. Zu sehen gebe es da wohl einen ziemlich fleißigen Arbeiter. „Der scheint hier schon gut unterwegs zu sein“, so Stefan Ziegler.
Nicht nur in Deutschland steht der Biber unter Schutz. Auch in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union ist er als streng geschützte Art genannt. Die Tiere dürfen weder gefangen noch getötet, ihre Bauten dürfen nicht zerstört werden. Der Biber schafft nicht nur artenreiche Feuchtgebiete, sondern betreibt auch aktiven Hochwasserschutz, sagen die Freunde der Nager.
Stefan Ziegler findet es spannend, wenn man sich klar macht, dass an dieser Stelle der Rodau der Biber wohl letztmals vor über 400 Jahren heimisch war. „Spätestens Ende des 16. Jahrhunderts ist er dort verschwunden. Schließlich war er auch eine begehrte Fastenspeise.“ Nun ist der Biber zurück und vielleicht überschreitet der Nager ja schon bald die Grenze nach Ober-Roden. Bis hin zum alten Festplatz seien die Lebensbedingungen jedenfalls gut, vermutet Stefan Ziegler. „Da kann man sich gut vorstellen, dass das bald auch Biberareal wird.“
Von Sascha Eyssen
