„Literatur am Kirchplatz“ geht in die fünfte Runde Jede Menge Denkanstöße

„Literatur am Kirchplatz“ wurde eingerahmt von zauberhafter Musik von „Klangmeer“. Bild: Faure

Bergen-Enkheim (jf) – Der helle Gemeinderaum der katholischen Kirchengemeinde Heilig Kreuz an der Barbarossastraße war zur fünften Auflage von „Literatur am Kirchplatz“ voll geworden. Das freute Pfarrer Uwe Hahner sowie die Organisatorinnen Gaby Barth und Veronika Brier: „Schön, dass so viele Menschen nach drei Jahren Coronapause wieder hergefunden haben“, sagte Hahner.

Barth und Brier stellten gleich das erste Buch vor; „Kummer aller Art“ von Mariana Leky. Daraus las Ortsvorsteherin Alexandra Weizel. Es geht um eine 16-Jährige, deren erster Liebeskummer weltumspannend und unermesslich war – zumindest für das Mädchen Lisa. Nichts kann sie trösten. Aber während eines Besuchs in der Zoohandlung und dem Hinweis, dass es nun auch schon Wohlfühlhalsbänder für Hunde gibt, huscht wenigstens ein winziges Lächeln über Lisas Gesicht.

„Acht Berge“ von Paolo Cognetti stand im Mittelpunkt der zweiten Leserunde, die Elisa Schneider, seit Mai 2022 evangelische Pfarrerin in Bergen-Enkheim, bestritt. Schneider, die gerade einen ökumenischen Kinderchor gründet, las von einer besonderen Freundschaft. Zwei Jungen, Pietro aus der Stadt Mailand und Bruno aus dem Dorf Grana in den Bergen, lernen einander während der Sommerferien kennen. Eine Verbindung entsteht, die über viele Jahre hält.

Das Zwischenspiel übernahm die Gruppe „Klangmeer“ mit Gabriele Ney (Querflöte), Rainer Hanauer (Flöte), Linda Brunßen, Judith Steinau-Clark und Tine Lenger (Harfen) sowie Stefan Voss (Cello).

Der Kapuzinerbruder, Sozialarbeiter und Sozialpädagoge Michael Wies, der seit 2015 den Franziskustreff im Kloster Liebfrauen leitet, erzählte von einem ungewöhnlichen Pfarrer in Hamburg: Karl Schultz schrieb über seine Erlebnisse das Buch „Zwischen Kirche und Kiez“. Darin erzählt er auch die Geschichte von der Bank, die einem Menschen täglich 86.400 Euro überweist. Man muss das gesamte Geld ausgeben, darf es nicht sparen oder anlegen. Was nicht verbraucht wird – Pech gehabt. Diese Bank existiert tatsächlich, es ist die Lebensbank. Sie gibt jedem Menschen jeden Tag 86.400 Sekunden, die er selbst nutzen oder verstreichen lassen kann. Sparen jedenfalls lässt sich die Zeit nicht.

„Klangmeer“ leitete musikalisch die Pause ein, nach der die ehemalige Ortsvorsteherin Renate Müller-Friese, die auch den Büchertisch betreute, aus „Lehrerin einer neuen Zeit“ von Laura Baldini vortrug. Als die junge Maria Montessori, ein der ersten promovierten Ärztinnen in Italien, 1896 in der Kinderpsychiatrie arbeitet, will sie die Behandlung der „Schwachsinnigen“ ändern und ist fest davon überzeugt, dass pädagogische Ansätze sinnvoll sind. Der Erfolg gibt ihr recht.

Den Abschluss des musikalisch-literarischen Abends gestaltete Petra Scheschonka. Die ehemalige Heimleiterin und Gästebetreuerin des mediacampus, seit einem Jahr im Unruhestand, las aus „Klara und die Sonne“ von Kazuo Ishiguro, Literaturnobelpreisträger 2017. Der dystopische Roman spielt in einer Zukunft, in der Kinder genetisch „gehoben“ werden und Androiden als Freunde haben. Über das Buch kann man sich mit Scheschonka auch in ihrer Shared Reading Gruppe unterhalten – mehr dazu im Internet auf der Seite petra-scheschonka.de.

Die schöne Musik von „Klangmeer“ sorgte für einen harmonischen Abschluss des Abends. Jede Mitwirkende erhielt zum Schluss eine Sonnenblume als Dankeschön. Die Spenden des Abends kommen dem Franziskustreff zugute.

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