Blick in ein jüdisches Viertel Erneuerte Ausstellung im Bunker im Ostend

Mirjam Wenzel und Hans-Peter Niebuhr am Modell der ehemaligen Synagoge in der Friedberger Anlage. Foto: Faure

Ostend (jf) – Der Hochbunker in der Friedberger Anlage 5-6 ist ein geschichtsbeladenes Relikt. Salomon Korn, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, bezeichnete ihn einmal als „Merkzeichen für die Gewalt, das Leid und den Schrecken“.

Von 1907 bis 1938 stand hier die größte Synagoge Frankfurts mit Plätzen für etwa 1600 Gläubige, errichtet von der Israelitischen Religionsgemeinschaft (IRG). Nach der Zerstörung am 9. November 1938 – das Gotteshaus musste von den Nazis mehrfach angezündet werden, um es in Brand zu setzen – wurde die IRG von der Stadt Frankfurt beauftragt, das Gebäude auf eigene Kosten abzutragen. Es war ja baufällig. Eine von vielen zynischen Anweisungen in der NS-Zeit jüdischen Menschen gegenüber. 1942/43 bauten französische Zwangsarbeiter auf den Fundamenten der ehemaligen Synagoge einen fünfstöckigen Hochbunker. Er überdauerte den Krieg und wurde anschließend unterschiedlich genutzt.

Im Jahr 2000 konzipierte die damalige Kustodin des Jüdischen Museums Helga Krohn eine Dauerausstellung zum jüdischen Leben im Ostend. Ungefähr zur gleichen Zeit beschäftigte sich die 1988 gegründete „Initiative 9. November“ mit der Einrichtung einer Gedenkstätte im ehemaligen Hochbunker.

 „Eindringliches Memento, das auf die Gegenwart ausstrahlt“

„Für uns ist diese 2004 im Erdgeschoss des Bunkers eröffnete Exposition von zentraler Bedeutung. Sie ist Grundlage und Rahmen, Bezugspunkt und Antrieb unserer Tätigkeit“, erklärte Hans-Peter Niebuhr, Vorsitzender der „Initiative 9. November“ zur Vorbesichtigung der neu gestalteten Ausstellung. Die Schau sei ein „eindringliches Memento, das auf die Gegenwart ausstrahlt“.

Am 8. Mai 2016, dem 71. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus, wurde die Exposition feierlich eröffnet. In sechs Themenbereichen informieren große, nicht brennbare Holztafeln und transparente Stoffbanner mit insgesamt mehr als 300 Bilddokumenten über die Geschichte und die Einrichtungen der IRG, gewähren Blicke in das Alltagsleben im Ostend, zeigen jüdische Wohlfahrtseinrichtung, Handwerk und Kleingewerbebetriebe. Ein Kapitel erinnert an die Schrecken der NS-Zeit, der Fokus liegt auf dem November-Pogrom 1938 und den seit 1941 stattfindenden Massendeportationen, für die jüdische Menschen an der Großmarkthalle zusammengetrieben wurden.

Ausstellung bis 27. November

Hans-Peter Niebuhr wies auch auf eine zweite, kleinere Ausstellung über jüdische Musik im ersten Obergeschoss hin. „Wir benötigen weitere Mittel für die Nutzung des Bunkers. Eine Heizung wäre schön, andererseits passt das Frösteln der Besucher zum Thema“, sagte er.

Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums, verknüpfte die Ausstellung mit den Orten des Gedenkens an der Europäischen Zentralbank, im Museum Judengasse und im künftigen Jüdischen Museum am Untermainkai. Heike Drummer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Jüdischen Museum, überarbeitete die alte Ausstellung und führte durch die neue: „15 Jahre mussten ergänzt werden“, erklärte sie und wies auf interessante Aspekte hin.

Die Exposition ist bis zum 27. November jeden Sonntag von 11 Uhr bis 14 Uhr geöffnet, 11.30 Uhr finden Führungen statt. Außerdem können Besuchstermine für Gruppen unter Telefon 069 21274237 vereinbart werden. Bis zur Winterpause finden zudem zahlreiche Veranstaltungen in den Räumen statt, mehr Informationen dazu gibt es unter www.initiative-neunter-november.de.