Nazi-Symbole und Beschimpfungen auf Grabsteinen entdeckt Jüdische Gräber geschändet

Den jüdischen Friedhof in Heusenstamm zeigt dieses Archivbild.

Heusenstamm – Zwölf Grabsteine haben Unbekannte auf dem jüdischen Friedhof in Heusenstamm geschändet. Hakenkreuze, das von den Nationalsozialisten eingeführte Symbol „Judenstern“, übelste Beschimpfungen und Genitalsymbole wurden mit roter und weißer Farbe auf die alten Grabsteine gesprüht. Zwischen Samstag, 15. Mai, 14 Uhr und Montag, 17. Mai, 14 Uhr, gelangten die Täter nach Angaben der Polizei auf die durch eine Mauer und ein verschlossenes Tor umfriedete Begräbnisstätte. Die Ermittlungen laufen wegen Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, gemeinschädlicher Sachbeschädigung durch Graffiti sowie Hausfriedensbruch. Die Kriminalpolizei Offenbach bittet um Hinweise unter z 069 8098-1234.

Entdeckt wurde die Tat am Montag von Mitarbeitern des städtischen Bauhofs, die mit Baumarbeiten an dem im Wald an der verlängerten Jahnstraße gelegenen Friedhof befasst waren. Die Männer hatten dort zur Verkehrssicherung abgestorbene Äste entfernt, wie der Fachdienstleiter Umwelt bei der Stadtverwaltung, Peter Affée, auf Anfrage bestätigte. Der Schaden wird auf etwa 1000 Euro geschätzt.

Der jüdische Friedhof, der heute dem Landesverband Jüdischer Gemeinden in Hessen gehört, hat eine lange Geschichte. Schon im Jahr 1669 schenkte Melchior Friedrich von Schönborn Heusenstamms Juden das Grundstück. Urkundlich belegt ist eine jüdische Gemeinde in dem damaligen Dorf schon seit etwa 1450.

Menschen jüdischen Glaubens aus der gesamten Umgebung wurden dort bis zum Jahr 1938 bestattet. Neben Heusenstamm sind dies Weiskirchen, Jügesheim, Dietzenbach, Hainhausen, Obertshausen und Bieber, heute ein Stadtteil von Offenbach. Durch eine Sammlung finanzierte die jüdische Gemeinde im Jahr 1847 den Bau einer Mauer um das Gelände.

Während der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 schändeten SS-Trupps den Friedhof, zerstörten viele Grabsteine. Im März desselben Jahres war zum letzten Mal eine Bürgerin dort begraben worden.

Jüdisches Leben in Heusenstamm hat es seit der NS-Zeit nicht mehr gegeben. Die Synagoge an der Eckgasse im Alten Ort war ebenfalls während der Reichspogromnacht zerstört worden. Heute erinnert daran nur noch ein Schild. In der Dauerausstellung im Haus der Stadtgeschichte wird die Erinnerung indes wachgehalten.

Eine ausführliche Dokumentation des jüdischen Friedhofs haben die kürzlich verstorbene Sabine Richter-Rauch und ihr Mann Gernot Richter gemeinsam mit dem Judaisten Dr. Gil Hüttenmeister im Jahr 2014 für den Heimat- und Geschichtsverein veröffentlicht. Dazu hatte Fotograf Salar Baygan die Grabsteine so aufgenommen, dass die Inschriften gut lesbar waren. Hüttenmeister hatte sie entziffert und aus dem Hebräischen übersetzt.
clb