Künstlerverein Eulengasse besucht die documenta fifteen Kassel, Kunst und Kritik

Vládmir Combre de Sena (links) mit Eulengassen-Tasche und Harald Etzemüller mit Familienguide der documanta fifteen.

Bornheim (sh) – Empörend! Skandalös! Keine Kunst! Die documenta fifteen, die noch bis 25. September in Kassel stattfindet, polarisiert. Wie eigentlich jede der alle fünf Jahre ausgerichteten 100-Tage-Ausstellungen seit 1955. Unbestritten ist: Die documenta ist die weltweit bedeutendste Exposition zeitgenössischer Kunst. Der Künstlerverein Eulengasse aus Bornheim hat die Ausstellung besucht und bietet am 20. September eine weitere Fahrt dorthin an.

Kurator der 15. Auflage ist das indonesische Kollektiv ruangrupa, das sich 2000 in Jakarta gründete. „Mich hat eine filmische Dokumentation über Kultur und Musik in Nord-Syrien beeindruckt. Der Raum im Fridericianum war mit Teppichen auf dem Boden und an den Wänden ausgestattet, Kômina Fîlm a Rojava zeigten Werke aus ihrer Filmgeschichte. Ein Männerchor sang. Die kulturelle Tradition dieser Gesänge hat mich interessiert. Sie ist eingebunden in ihr Umfeld und wird so verständlich“, erzählt Harald Etzemüller aus dem Vorstand des Künstlervereins Eulengasse. Schon drei Mal war er mit Besuchergruppen auf der diesjährigen documenta. Immer gab es in der Mittagspause ein Treffen mit Mitgliedern der Kasseler Künstlergruppe Kunstbalkon und einen Erfahrungsaustausch. Seit 2019 kooperieren Kunstbalkon und Eulengasse.

Der Gedanke kollektiver Arbeit prägt die documenta fifteen. 32 Ausstellungsorte gibt es in Kassel, sie können nicht alle und schon gar nicht an einem Tag besucht werden. „Der ehemalige Club A.R.M. ist ein spannender Ort. Dort ist beispielsweise der Zyklus Guernica Gaza des palästinensischen Künstlers Mohammad Al Hawajri zu sehen. Die Werke wurden bereits vor Eröffnung der documenta verunglimpft. Die Kritik wurde später revidiert, da man sich nicht ausreichend mit dem Werk auseinandergesetzt hat“, sagt Etzemüller. „Kunst muss im Kontext analysiert werden“, fügt Vládmir Combre de Sena, Mitglied des Vereins Eulengasse, hinzu. „Das wurde beim umstrittenen ‚People’s Justice’ der indonesischen Gruppe Taring Padi versäumt.“ Etzemüller fügt hinzu: „Bei aller Kritik müssen wir aus dem ewigen Kreis von Anklage und Verteidigung herauskommen. Ein Perspektivwechsel wäre gut, Gespräche mit den Künstlern würden helfen, ihre Absichten zu verstehen und eigene Meinungen deutlich zu machen.“

Unbedingt anschauen sollten sich Besucher die documenta Halle in der Du-Ry-Straße. „Im Keller befindet sich eine Halfpipe, so können Skater selbst mit Teil der Performance werden.“

Auch das Hübner-Areal in der Agathofstraße bietet in einer Fabrikkantine etwas Besonderes: Das chinesische Kollektiv Boloho hat ein kantonesisches Café eingerichtet, an den Wänden hängen Zeichnungen und Gemälde, auf Bildschirmen laufen Sitcom-Sequenzen. Interessierte können sich über eulengasse.de online für einen letzten Besuchstermin gemeinsam mit dem Verein für 20. September anmelden.