Neuntklässler entwickeln Audiowalk durch den Stadtteil Dornbusch Anne Frank und Jina Mahsa Amini

Astrid Kasperek an der Bildungsstätte Anne Frank. Bild: Faure

Dornbusch (jf) – Wie kann das Tagebuch von Anne Frank den heute 13-Jährigen vermittelt werden? Astrid Kasperek von der Bildungsstätte Anne Frank hatte eine Idee: Ein Audiowalk für junge Menschen durch den Stadtteil, in dem die Familie Frank bis 1933/34 wohnte. Sie suchte sich Podcast-Profis – und in der Bildungsstätte wurden im Mai Projektwochen veranstaltet.

13 Schüler der Anne-Frank-Schule nahmen daran teil – sie sind im Audiowalk zu hören. Der kann aus der Storydive App unter dem Titel „Sehnsucht nach Sprechen und Freiheit“ heruntergeladen werden. Dann geht es auch schon los, direkt vor der Bildungsstätte Anne Frank im Pfadfinderweg. Mira begrüßt die Interessierten. Der Spaziergang führt zur Hansaallee, tatsächlich gibt es Poller, einen Schlagbaum, ein Wachhäuschen. „Sie dürfen hier nicht fotografieren“, sagt der Uniformierte. Weiter geht es in Richtung Raimundstraße, bald befinden sich die Teilnehmer vor dem Konsulat der islamischen Republik Iran. Direkt gegenüber wurde ein kleines Protestcamp errichtet.

Ein Schild mit der Aufschrift „Mahsa-Amini-Straße“ erinnert an die junge Frau, deren gewaltsamer Tod am 22. September 2022 weltweite Proteste auslöste. Ihr „Vergehen“: Die iranische Sittenpolizei verhaftete sie, weil sie das Kopftuch nicht richtig getragen hat. Dazu passt der Song „Baraye“ von Shervin Hajipour, der zur Hymne der Widerständigen wurde.

Die 15-jährige Anne Frank starb im Februar 1945 entkräftet im Konzentrationslager Bergen-Belsen, Jina Mahsa Amini wurde in der Haft so schwer misshandelt, dass sie ihren 23. Geburtstag nicht mehr erlebte. Es gibt im Koran übrigens keine Vorschriften, wie der Hidschab zu tragen sei. Das ist Auslegungssache. „Die Leute können dir sagen, dass du den Mund halten sollst, aber das hindert dich nicht daran, eine eigene Meinung zu haben“, heißt es im Tagebuch von Anne Frank.

Der Weg führt weiter zur Marie-Bittdorf-Anlage. Im Audiowalk wird über sie berichtet, dass sie sich als Gewerkschafterin und Kommunalpolitikerin für Frauenrechte einsetzte. 1917 trat sie als erste Frau in die AOK ein, musste aber später während der Nazizeit die Stelle als städtische Krankenfürsorgerin aufgeben. 1919 wurde sie in die Stadtverordnetenversammlung von Frankfurt gewählt, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erhielt sie erneut das Vertrauen als Stadtverordnete und engagierte sich wieder in der Kommunalpolitik.

„Ich sehne mich … nach allem, nach Freiheit, nach Freunden“, schrieb Anne Frank am 12. Februar 1944 in ihr Tagebuch.

Auf der Eschersheimer Landstraße sehen wir eine Shisha-Bar. Einer der Schüler, die am Audiowalk mitarbeiteten, denkt an Hanau, als am 19. Februar 2020 ein Rassist neun Menschen erschoss. Kein Name ist vergessen, die Porträts der Ermordeten sind unter der Friedensbrücke zu sehen.

Zurück in der Bildungsstätte kommen wir noch einmal mit Astrid Kasperek ins Gespräch. „Am meisten hat mich erstaunt, wie aufgeschlossen die Jugendlichen an die schweren Themen gegangen sind. Ihnen war wichtig, trotzdem einen Audiowalk zu erarbeiten, der nicht erdrückt, sondern auf jugendgemäße Art Kenntnisse unterhaltsam vermittelt“, sagt die Verantwortliche für Veranstaltungsmanagement und Marketing. Der Audiowalk ist eine von vielen Veranstaltungen zum Anne-Frank-Tag: Am 12. Juni wäre sie 94 Jahre alt geworden.

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