Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Dornbusch: Auf Anne Franks Spuren

Anne Frank hat in Dornbusch gewohnt. Empfehlenswert ist ein Besuch der Bildungsstätte Anne Frank.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Untrennbar mit dem Stadtteil Dornbusch verbunden ist der Hessische Rundfunk (hr). Dabei befindet sich das Funkhaus, also der Hauptsitz des hr, auf der Gemarkung Nordend. Der Bertramshof, wo unter anderem das hr-Schulungszentrum sowie die hr-Betriebsverwaltung untergebracht sind, der gehört zu Dornbusch. Doch die starke Verbundenheit zur Landesrundfunkanstalt wird schon bei der Ankunft an der U-Bahnhaltestelle deutlich, denn unter „Dornbusch“ ist in Klammern „Hessischer Rundfunk“ zu lesen.

Mit der U-Bahn ist der Stadtteil sehr gut zu erreichen, allein vom Willy-Brandt-Platz aus verkehren vier Linien in enger Taktung. Dennoch gibt es auch Grund zur Kritik: In Dornbusch verlässt die U-Bahn den Untergrund und fährt oberirdisch auf einer eigenen Trasse weiter, was zu einer Zerschneidung des Stadtteils entlang der Eschersheimer Landstraße führt. Einige Anwohner hadern damit. Ich starte meine Tour westlich der Eschersheimer Landstraße.

Ich begebe mich in die Straße Am Grünhof, wo sich in einem Gebäudekomplex unter anderem das Sozialrathaus Dornbusch, der Frankfurter Jugendring, das Rathaus für Senioren sowie das Internetcafé „Café Anschluss“ und die Kreativwerkstatt des Frankfurter Verbands befinden. Besondere Aufmerksamkeit widme ich dort der Bildungsstätte Anne Frank. Das Mädchen jüdischer Abstammung wurde 1929 in Frankfurt geboren. 1933 wanderte die Familie nach Amsterdam aus. Nach der Besetzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht lebte die Familie in einem Versteck, wurde jedoch durch einen Verrat von der Gestapo gefunden und verhaftet. Anne Frank starb kurz vor Kriegsende in Bergen-Belsen. Ihr Tagebuch ist weltberühmt. Anne Frank lebte bis zu ihrem zweiten Lebensjahr im Marbachweg 307, danach zog die Familie in die Ganghoferstraße 24. Beide Häuser befinden sich in Dornbusch. In der Bildungsstätte Anne Frank werden unter der Woche Workshops, zum Beispiel für Schulklassen, angeboten, sonntags kann jeder von zwölf bis 18 Uhr das Lernlabor besuchen, das sehr empfehlenswert ist! Die einzelnen Stationen werden interaktiv per Tablet erlebt. Im Stadtteil wird zudem mit der Anne-Frank-Schule und einer Anne-Frank-Fotogedenkwand in der Unterführung Dornbuschpassage an die Geschichte des Mädchens erinnert.

Ich spaziere danach durch das Dichterviertel mit seinen hübschen Gründerzeithäusern und den zum Teil üppig bepflanzten Vorgärten. Ich passiere die Klimsch-Anlage, eine kleine Grünanlage, die gegenüber des Sinaiparks – auf der anderen Seite der Eschersheimer Landstraße – liegt. Ich steuere das Haus in der Ganghoferstraße 24 an, in dem Anne Frank bis zum Wegzug in die Niederlande gewohnt hatte. Dort gibt es eine Gedenktafel sowie eine Plakette mit einem Zitat von ihr: „Die endgültige Formung seines Charakters hat jeder selbst in der Hand.“

Ich laufe weiter nach Norden, denn Wikipedia nennt mir die nördlich der Hügelstraße liegende Albert-Schweitzer-Siedlung und die dortige kubisch gestaltete Andreaskirche zu Dornbusch zugehörig. Auf der Homepage der Andreasgemeinde steht allerdings Eschersheim.

Den Stadtteil Dornbusch gibt es übrigens offiziell seit 1946, gebildet wurde er aus Teilen von Ginnheim und Eckenheim. Die Besiedlung des Bereichs um die Escherheimer Landstraße begann bereits unter Bürgermeister Franz Adickes, der das Amt von 1890 bis 1912 innehatte. Bis zur Bebauung standen dort tatsächlich Dornbüsche – daher rührt der Name des Stadtteils. So ist es auf frankfurt.de nachzulesen.

Ich quere die Eschersheimer Landstraße und genieße die schöne Herbststimmung im Sinaipark. Die Bäume leuchten in allen Farben. Der Park entstand Mitte der 80er-Jahre auf dem ehemaligen Gelände der Sinai-Gärtnerei. Im Südosten des Parks befindet sich die Sinai-Wildnis, die nur eingeschränkt bewirtschaftet wird und entsprechend verwildert ist.

Über die Mierendorffstraße gehe ich weiter nach Süden zur evangelischen Dornbuschgemeinde. Der frei stehende Glockenturm gehört zu den Wahrzeichen des Stadtteils. Am Kirchenbau selbst beeindruckt ein riesiges Buntglasfenster. Von der Kirche folge ich der Carl-Goerdeler-Straße zum Haus Dornbusch an der Eschersheimer Landstraße. Das alte, ursprünglich 1960 eröffnete Haus Dornbusch war das erste Saalbau-Bürgerhaus in Hessen. Das neu errichtete Gebäude mit den klaren grünen Streifen auf der Fassade kann für Veranstaltungen gebucht werden. Außerdem befinden sich unter anderem das Bürgeramt, die Stadtteilbibliothek, das Kinder- und Jugendhaus sowie Ärzte und Läden in dem Komplex. Direkt davor, wo Eschersheimer Landstraße, Marbachweg und Am Dornbusch auf einer großen Kreuzung zusammentreffen, geht es in die kunstvoll gestaltete Unterführung zur oberirdischen U-Bahnstation.

Ich wende mich dem Marbachweg zu und schaue mir an der Hausnummer 307 die Erinnerungsstele vor dem Geburtshaus von Anne Frank an, bevor ich mich auf den Weg zur Bertramswiese mache, wo ein Fußballspiel der Spielvereinigung Kickers 16 in vollem Gang ist. Ich werfe noch einen Blick auf den eingangs genannten Bertramshof. Der im Mittelalter angelegte Wehrhof verfiel im Lauf des 19. Jahrhunderts und wurde abgerissen. 1888 entstand auf Auftrag von Luise von Rothschild eine Meierei – jener markante Ziegelbau mit Wasserturm. In unmittelbarer Nähe befindet sich das „Haus der Chöre“. Der wuchtige, geschwungene Bau bietet beste akustische Voraussetzungen und dient als Probenraum für Frankfurter Oratorienchöre.

Vorbei am hr-Funkhaus mache ich mich wieder auf den Heimweg – und auch wenn er streng genommen nicht mehr zum Dornbusch gehört, kann ich nicht widerstehen, ein Foto von der überlebensgroßen Figur des Sender-Maskottchens „Onkel Otto“ zu knipsen, wo er doch so nett mit einem Blumenstrauß grüßt.

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