Ökumenischer Kurs qualifiziert Ehrenamtliche Jede Begegnung anders: Für die Seelen sorgen

Manuela Sauerbier ist aktuelle Absolventin der Ausbildung zur ehrenamtlichen Seelsorgerin.

Frankfurt (red) – „Wenn Sie im Krankenhaus Menschen besuchen, wissen sie nie, was und wer sie erwartet. Jede Begegnung ist anders, neu und auch einmalig“, hat Pfarrerin Carmen Berger-Zell, Studienleiterin im Zentrum Seelsorge und Beratung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), neulich in der Sankt Katharinenkirche ihre Predigt zur Einführung neuer ehrenamtlicher Seelsorger begonnen. Ein Satz, den Manuela Sauerbier, aktuelle Absolventin des Ökumenischen Ausbildungskurses für ehrenamtliche Seelsorge (ÖAKS), nur bestätigen kann. Zwei Jahre dauert der Kurs, zuerst ein Jahr alle vierzehn Tage Kursabend sowie Schulung an drei Wochenenden im Kloster Bad Soden- Saalmünster, danach steht die Praxis an.

Sauerbier absolviert sie in der Unfallchirurgie des Frankfurter Nordwestkrankenhauses. Einmal die Woche, zwei, drei Stunden, ist sie dort tätig. Jede Person erfordert neue Intuition. „Viele sind hochgradig bedürftig“, sagt sie über die Patienten der Abteilung, die sie betreut. Nicht Sportverletzte, sondern Hochbetagte mit Hüftbrüchen, Oberschenkelhalsbrüchen, sind hier die typischen Patienten. Einige sind dement. Sauerbier kann damit umgehen, auch beruflich ist sie als Koordinatorin für ehrenamtliche Besuchsdienstarbeit damit befasst. Gelernt hat die 57-Jährige eigentlich im Steuerbüro. Als eine ihrer drei Töchter eine langwierige Krankheit hatte – sie ist wieder gesund – entschloss Sauerbier sich, umzusatteln. Beruflich hat sie es umgesetzt, dazu noch ehrenamtliche Ausbildungen belegt, als Nächstes möchte sie sich zur Trauerbegleiterin qualifizieren lassen.

Bei Lars Stockmann, einem Kurskollegen Sauerbiers, spielen auch die Kinder eine Rolle bei der Entscheidung für den Seelsorgekurs. Seine sind gerade mal ein und zwei Jahre alt: „Ich will ihnen zeigen, wie wichtig es ist, sich für andere einzusetzen“, sagt der 32-Jährige. Schon bei seiner Mutter habe er erlebt, wie gut es ist, sich um andere zu kümmern qua Ehrenamt. Bevor Stockmann nach Offenbach zog, lebte er in Oberursel, engagierte sich bei den Grünen, war Stadtverordneter und im Hochtaunus Kreistagsabgeordneter. „Politik lässt sich mit Kindern viel schwerer vereinbaren“, sagt der Lehrer, der sein Stundendeputat reduziert hat. Der Seelsorgekurs kam für ihn noch während der Elternzeit genau richtig.

Lothar Jung-Hankel, einer der Leiter des ÖAKS-Kurses, berichtet, unter den aktuell elf Teilnehmern halte sich der Anteil evangelischer wie katholischer Absolventen in etwa die Waage. Anders als bei den Katholiken, seien für ihn aber auch Leute ohne konfessionelle Bindung denkbar. Stockmann ist verheiratet mit der Pastorin der Offenbacher „Kirche am Start“. Von sich selber sagt er: „Ich bin baptistisch geprägt und arbeite als evangelischer Religionslehrer an einer katholischen Schule“, und er ergänzt: „Deshalb finde ich auch gerade diese ökumenische Ausbildung gut.“

Viele Patienten thematisieren Religion nicht, manche reden sich Kirchenfrust von der Seele, erzählt Stockmann. Andere aber befassten sich mit Fragen nach Gott, darauf gehe er ein, aber er bedränge niemanden, betont er. Die sogenannte „Theodizee-Frage“ – „Wie kann Gott das zulassen?“ – spielt an den Betten und im Kurs eine Rolle. Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben gehört zu den Voraussetzungen der Kursteilnahme genauso wie die Fähigkeit, auf andere einzugehen. Hinzu kommt die Bereitschaft zur Selbstwahrnehmung, zählt Jung-Hankel auf. Nicht nur in Krankenhäuser, auch in Gemeinden oder Gefängnisse kann die Qualifikation zum ehrenamtlichen Seelsorger führen.

„Ich bin immer wieder erstaunt, welche Kompetenzen die Teilnehmer in die Ausbildung einbringen: Erfahrungen, die sie im Lauf ihres Lebens im Umgang mit Krankheit und Tod machen mussten, aber auch der Erfahrungsschatz, den sie aus beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten mitbringen“, sagt Birgit Losacker, Dezernat Pastorale Dienste, die katholischerseits an der Ausbildung beteiligt ist.