Hubert Gloss setzt sich mit kreativen Ideen für den Erhalt der Wasserhäuschen ein Expeditionen ins Bierreich

Wasserhäuschen-Lotse Hubert Gloss mit seinem Büchlein vor dem Büdchen am Ernst-May-Platz in Bornheim.

Frankfurt (sh) – Hubert Gloss macht sich Sorgen. Er hat Angst, dass eine Frankfurter Institution aus dem Stadtbild verschwinden könnte: Das frei stehende Wasserhäuschen. Viele der runden Frankfurter Büdchen sind schon dem Abrissbagger zum Opfer gefallen. „Es gibt nur noch rund 60 frei stehende Wasserhäuschen in ganz Frankfurt“, bedauert Gloss. Doch der quirlige Frankfurter Bub mit der Shanty-Mütze ist nicht der Typ, der resigniert. Er kämpft für den Erhalt der Wasserhäuschen und lenkt den Blick der Öffentlichkeit mit verschiedenen Aktionen auf die kleinen Häuschen, an denen Getränke, Süßwaren, Zigaretten und Zeitschriften verkauft werden.

„Ich bin Wasserhäuschen-Lotse“, stellt sich der 65-Jährige vor. Er trägt ein T-Shirt, auf dem ein „Wasserhäusje“ als eine Art Comicfigur mit einem gewinnenden Lächeln zu sehen ist. Doch es gibt noch mehr Fan-Artikel. Zum Beispiel ein Quartett und ein Memory-Spiel sowie Postkarten und das Büchlein „Frankfurter Kiosk-Kultur“ mit zahlreichen Fotos (erhältlich in der Buchhandlung „Naumann & Eisenbletter“, im Kaufhaus Hessen und im Hessenshop) sowie einen einminütigen Filmclip „Hoch die Häusjer“, den das Multitalent ehrenamtlich für das historische Museum erstellt hat. Im Institut für Stadtgeschichte hat Gloss außerdem 99 Fotos von Wasserhäuschen hinterlegt.

Seit 1991 lichtet er die Frankfurter Büdchen ab. Zuerst auf Auftrag eines Kunst-Postkartenverlags, für den er damals gearbeitet hat, dann aus Leidenschaft. Dabei hat seine Liebe zu den Büdchen schon im Kindesalter begonnen. „Auf dem Weg zum Milchladen gab es ein Wasserhäuschen, an dem habe ich mich immer mit den neuesten Comics wie ,Fix & Foxi’ eingedeckt. Und dann habe ich mir einen ,Florida Boy’ gegönnt. Das war das Getränk meiner Kindheit“, blickt der Nordendler zurück.

Ein ganz wesentlicher Baustein im Repertoire des Wasserhäuschen-Lotsen sind verschiedene Touren, die er im Angebot hat. Da geht es mal durch Bockenheim, mal nach Heddernheim – oder besser: Klaa Paris – sowie mit Bus und Bahn gleich zu drei Stadtteilen. Im Mittelpunkt stehen natürlich die Büdchen. Über frankfurter-stadtevents.de können die Touren gebucht werden. Die Teilnehmer machen sich dann selbst ein Bild von der Wasserhäuschen-Kultur und entdecken, dass viele Trinkhallen längst ihren Weg aus der „Schmuddelecke“ herausgefunden haben.

„Seit ungefähr 15 Jahren sind die Wasserhäuschen im Wandel. Früher traf man dort Steh-Trinker, keine Frauen. Mittlerweile haben sich einige Büdchen zu angesagten Biergärten oder sogar Cafés gemausert“, sagt Gloss. Sie stellen zudem eine Alternative zur klassischen Kneipe dar – ebenfalls eine vom Aussterben bedrohte Art. Aber der neue Stellenwert der Trinkhallen hat auch seine Schattenseiten. „An manchen Standorten sind die Bierpreise mächtig gestiegen“, kritisiert Gloss. Geringverdiener oder Arbeitslose könnten sich das Bier dort nicht mehr leisten. Dabei ist es doch genau das aus allen Schichten stammende Klientel, das die Atmosphäre am Wasserhäuschen so einzigartig macht. „Es ist ein barrierefreier Erlebnisraum. Ein Nachbarschaftstreff für alle. Man lernt immer nette Leute kennen“, schwärmt der Wasserhäuschen-Lotse.

Von der Stadt Frankfurt fühlt sich Gloss in seiner Mission, die Büdchen zu erhalten, im Stich gelassen. Seine Idee auf der Internet-Plattform „Frankfurt fragt mich“ für die Ausstattung von Wasserhäuschen am Main mit öffentlich benutzbaren Toiletten fand fast 300 von 200 erforderlichen Unterstützern, aber passiert sei nichts, sagt Gloss. Er wird das Gefühl nicht los, dass das Stadtplanungsamt die Büdchen langfristig loswerden will. Entmutigen lässt er sich davon nicht – im Gegenteil, er packt schon wieder gemischte Tüten mit Naschereien für die Teilnehmer seiner nächsten Tour.

Auf allesgude.de können sich Interessierte auf die virtuelle Tour „world-wide-wasserhäusje“ begeben, die Gloss zusammen mit dem Fotografen Boris Borm produziert hat.