Roland Hoede spricht beim ISG über die „Legende einer Verschwörung“ Freimaurer in der Deutschen Nationalversammlung

Autor Roland Hoede beim Vortrag. Bild: Faure

Altstadt (jf) – „Auf die Barrikaden!“ heißt die Ausstellung, die noch bis zum 1. Oktober an den Wänden im Dormitorium des Karmeliterklosters, heute Institut für Stadtgeschichte, zu sehen ist. Da passte das Thema „Legende einer Verschwörung: Freimaurer im ‚Vormärz’ und in der Deutschen Nationalversammlung“ gut ins Bild.

Autor Roland Hoede, der sich intensiv mit der ersten Deutschen Nationalversammlung in der Paulskirche beschäftigt hat, stellte bei seinem Vortrag vergangene Woche fest, dass 57 Abgeordnete der ersten Zusammenkunft des Gremiums mit 566 Teilnehmern verschiedenen Freimaurerlogen angehörten. „Auch Robert Blum, Friedrich Ludwig Jahn und Felix von Lichnowsky waren Freimaurer“, erläuterte der Experte und begab sich auf einen kleinen Exkurs zum Thema Verschwörungsmythen.

„Verschwörungstheorien entstehen immer dann, wenn man vor der Realität fliehen und sich nicht mit der Wahrheit auseinandersetzen will“, sagte Hoede. Keineswegs wollen die Freimaurer den Umsturz der Welt, keineswegs stehen wieder einmal reiche Juden dahinter. 1717 wird in London die erste Großloge der Freimaurer gegründet, 20 Jahre später entstand die erste Loge in Deutschland. Prinzipien der Freimaurer sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität.

Aber wenn man sich hinter verschlossenen Türen trifft – denn nichts von dem, was in den Logen besprochen wird, soll nach außen dringen – sind Menschen schnell dabei, von geheimen Verschwörungen zu faseln: „Übrigens laufen noch heute katholische Freimaurer Gefahr, exkommuniziert zu werden“, bemerkte Roland Hoede.

Zurück zum Paulskirchenparlament. „Die Freimaurer waren keine homogene Gruppe, sie gehörten genau wie die anderen gewählten Abgeordneten verschiedenen Gruppierungen an“, erläuterte der Fachmann anhand eines Schaubilds. Freimaurer waren sowohl bei der extremen Linken, der gemäßigten Linken, dem linken Zentrum, dem rechten Zentrum und der Rechten zu finden. Das Spektrum ihrer Ziele spannte sich von der Errichtung einer Republik bis zur Erhaltung der Monarchie.

Allerdings wurden bei den Novemberunruhen 1848 in Frankfurt, als radikale Demokraten auf die Barrikaden gingen, zwei Abgeordnete des rechten Zentrums ermordet; Felix von Lichnowsky (ein Freimaurer) und Hans von Auerswald. Eine Jalousie nach der Vorlage eines Bildes von Johann Wilhelm Völker zeigt die schwere Verwundung von Lichnowsky durch eine Schusswaffe, im Hintergrund hebt Henriette Zobel wütend ihren Schirm. An ihr wurde ein Exempel statuiert: Trotz mangelnder Beweise wurde sie zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Abgeordnete und Freimaurer Robert Blum, der die gemäßigte Linke anführte, wurde, als er sich im Wiener Oktoberaufstand an die Spitze der Revolutionäre setzte, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Weitere Abgeordnete und Freimaurer wurden getötet oder ins Gefängnis geworfen.

Die erste Deutsche Nationalversammlung konnte ihre hehren Ziele nicht erreichen, das dauerte noch knapp 100 Jahre. Aber der Ruf nach Freiheit und Demokratie verstummte nie wieder.

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