Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Kalbach-Riedberg: Pilgern in Science-City

Der Bonifatiusbrunnen: Dort rastete im Jahr 754 der Leichenzug mit den Gebeinen des Apostels. Bild: -

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

An Ostern ein bisschen auf dem Pilgerpfad der Bonifatius-Route wandeln passt doch gut. Das geht an einigen Stellen in Frankfurt. So auch in Kalbach-Riedberg. Und dort steuere ich gleich als erstes den Bonifatiusbrunnen an, nachdem ich mit der U-Bahn im Nachbarstadtteil Niederursel an der Riedwiese angekommen bin. Auf einer Gedenktafel am Brunnen ist zu lesen, dass im Jahr 754 nach Christus an dieser Stelle die Gebeine des Heiligen Bonifatius bei seiner Überführung von Mainz nach Fulda ruhten, als der Leichenzug dort Rast machte. „Der Legende nach soll in der Nacht die heutige Quelle entsprungen sein“, steht dort. Von dieser soll auch der Name Kalbach herrühren, der aus „Kalter Bach“ entstanden ist. Der Brunnen selbst wurde 2004 auf Initiative der katholischen Gemeinde St. Laurentius mit Unterstützung der Weißkirchener Gemeinde St. Crutzen und des Bürgervereins Kalbach modern gestaltet: Zwei Treppen führen zu dem sprudelnden Wasser, man kann sich auf Steinbänken niederlassen und neben der Gedenktafel gibt es ein keltisch gestaltetes steinernes Ringkreuz. Außerdem wurde eine Grünfläche angelegt und Spazierwege führen zu dem steinernen Grundriss der Crutzenkirche. Am Brunnen startet auch der 4,5 Kilometer lange Kinderwanderweg Riedberg, der aus dem prämierten Beitrag der Klasse 4b der Grundschule Riedberg beim Bildungswettbewerb „Stadt der Zukunft“ im Jahr 2011 entstanden ist. Auf der Runde gilt es, Aufgaben zu lösen und Fragen zu beantworten.

Ich „pilgere“ vorbei an den markanten dunkelroten Gebäuden des naturwissenschaftlichen Uni-Campus’ Riedberg, wo sich namhafte Einrichtungen wie das Max-Planck-Institut und das Frankfurter Innovationszentrum Biotechnologie angesiedelt haben. Während Kalbach historisch gewachsen ist und 1972 nach Frankfurt eingemeindet wurde, startete der Bau des Stadtbezirks Riedberg 2001 auf Flächen, die bis dahin landwirtschaftlich genutzt worden waren. Der Riedberg ist in sieben Quartiere unterteilt, von denen manche streng geometrisch, andere wiederum recht heimelig mit Vorgärtchen und geschwungenen Straßen wirken.

Ich gelange ins Zentrum zum Riedbergplatz, der bei dem Frühlingswetter gut besucht ist. Im Sommer heizt sich der Platz stark auf, daher soll er nun umgestaltet werden. Samstags gibt es dort einen Wochenmarkt. Mir fallen die vielen Kreisverkehre im Stadtteil positiv auf. Weiter geht es in Richtung A5 zur Sportanlage des Sportclubs Riedberg, bevor ich mich über die Straße Zum Taubenzehnten, vorbei an Feldern und Spielplätzen, zum Kätcheslachpark begebe. Der dortige hübsche Weiher dient der Regenwassersammlung und fördert die Grundwasserneubildung.

Ich folge der Alten Riedbergstraße zur Reitsportanlage Kautenhof und passiere dabei noch Reste des Osterfeuers auf dem Feld. Ländliche Idylle, während ein paar Straßen weiter am Campus für die Zukunft geforscht wird. Danach führt mich der Weg in Richtung Gewerbegebiet. Ich überquere den schmalen Kalbach und komme schließlich an der Straße Am Martinszehnten an, wo sich das Sport- und Freizeitzentrum Kalbach befindet. Dort wird Tennis gespielt und es finden Veranstaltungen wie das Down-Sportlerfestival statt. Herzstück der Anlage ist die große Leichtathletikhalle, Bundes- und Landesstützpunkt Leichtathletik und Austragungsort diverser deutscher Hallenmeisterschaften. In direkter Nachbarschaft befindet sich der Golf-Club Golf Range mit einem gepflegten Neun-Loch-Platz und einer Driving Range. Ein Hinweisschild warnt vor fliegenden Bällen.

Über die Heinrich-Lanz-Allee biege ich in die Josef-Eicher-Straße ein, die mich vorbei an einem Skatepark zum riesigen Frischezentrum, einem Großmarkt für Lebensmittel, führt, wo samstags auch ein Floh- und Trödelmarkt stattfindet. Über die Josef-Bautz-Straße begebe ich mich schließlich in das historische Zentrum von Kalbach. Von Weitem sehe ich schon den Turm der katholischen St. Laurentiuskirche. Das barocke Gotteshaus ist meine erste Station im Ortskern. Hinter der Kirche schließt sich der ein Hektar große Friedhof Kalbach an. Als nächstes schaue ich mir das alte Rathaus an – ein wunderschöner Fachwerkbau, der die Außenstelle Kalbach des Bürgeramts Nordwest beherbergt. Direkt hinter dem Rathaus befindet sich die freiwillige Feuerwehr Kalbach. Als Nächstes suche ich den Freizeitpark Kalbach auf. Neben Spazierwegen, Tischtennisplatten und einem Basketballplatz gibt es dort auch eine kleine, in Stein gehauene Geschichtsstunde: Die Säule „Erzählstein“ des Künstlers Reiner Uhl ist aus einem Sockel und sechs Quadern zusammengesetzt, die Szenen aus der Geschichte des Orts seit 779 zeigen. Aufgestellt wurde die Skulptur 1979 anlässlich der 1200-Jahrfeier Kalbachs. Eine Szene ist beispielsweise der Überführung der Gebeine des Heiligen Bonifatius gewidmet. So schließt sich dann mein persönlicher österlicher Pilgerkreis und ich mache mich mit der U-Bahn wieder auf den Weg nach Hause.

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