Archäologen und -botaniker der Goethe-Uni rekonstruieren Wurzeln westafrikanischer Küche Schon vor 3500 Jahren Blattgemüse

Ausgrabung eines Nok-Gefäßes am Fundplatz Ifana 3. Foto: Peter Breunig/p

Frankfurt (red) – Mehr als 450 Töpfe aus prähistorischer Zeit wurden untersucht, 66 von ihnen enthielten Reste von Lipiden, also wasserunlöslichen Substanzen. Im Auftrag des Nok-Forschungsteams der Goethe-Uni extrahierten Chemiker der Uni Bristol Lipidprofile, die Aufschluss über die verwendeten Pflanzen geben sollten. Die Ergebnisse sind jetzt in der Zeitschrift „Archaeological and Anthropologial Sciences“ veröffentlicht worden: Mehr als ein Drittel der 66 Lipidprofile zeigten sehr unterschiedliche und komplexe Verteilungsmuster – ein Hinweis darauf, dass hier verschiedene Pflanzen und Pflanzenteile verarbeitet wurden.

Blattgemüse gehört heute in Westafrika als Beilage zu vielen Gerichten. Gekocht werden Blätter von Bäumen wie dem Baobab (Adansonia digitata) oder die bitter schmeckenden Blätter eines strauchigen Korbblütlers (Vernonia amygdalina). Diese Blattsoßen werden mit Gewürzen, Gemüse, auch Fisch oder Fleisch, angereichert und komplettieren die stärkehaltige Grundlage von Speisen wie dem gestampften Yams im Süden Westafrikas oder dem festen Brei aus Perlhirse in den trockeneren Savannen im Norden. Mit vereinter Expertise haben Archäologie und Archäobotanik der Goethe-Uni und chemische Wissenschaften der Uni Bristol nachgewiesen, dass die Ursprünge solcher Gerichte in Westafrika 3500 Jahre zurückreichen.

Die Untersuchungen sind Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts unter Leitung von Peter Breunig und Katharina Neumann, das im Dezember 2021 seinen Abschluss fand. Mehr als zwölf Jahre lang haben Archäologen und Archäobotaniker der Goethe-Uni die Nok-Kultur Zentralnigerias untersucht, die bekannt ist für ihre großformatigen Terrakotta-Figuren und für frühe Eisenproduktion in Westafrika im ersten Jahrtausend vor Christus – wobei die Wurzeln der Nok-Kultur bis in die Mitte des zweiten Jahrtausends zurückreichen. Im Fokus der Forschung stand vor allem der gesellschaftliche Kontext, in dem die Skulpturen geschaffen worden waren, also auch Wirtschaft und Ernährung. Anhand verkohlter Pflanzenreste aus Zentralnigeria konnte nachgewiesen werden, dass die Nok-Leute Perlhirse kultivierten. Ob sie aber auch andere stärkehaltige Pflanzen wie Yams nutzten und welche Gerichte sie aus der Perlhirse zubereiteten, lag bislang im Dunkeln.

„Verkohlte Pflanzenreste wie Samen und Nussschalen, die in den archäologischen Sedimenten erhalten geblieben sind, spiegeln nur einen Teil dessen wider, was die Menschen damals gegessen haben“, erklärt Neumann. Von den chemischen Analysen habe man sich zusätzliche Erkenntnisse über die Nahrungszubereitung erhofft: Und tatsächlich konnten die Forscher aus Bristol mithilfe von Lipid-Biomarkern und Analysen stabiler Isotope an mehr als 450 prähistorischen Töpfen zeigen, dass verschiedene Pflanzenarten zur Herstellung von Speisen verwendet wurden.