Schauspiel zeigt Bühnenfassung nach Bram Stokers „Dracula“ Zwischen Realität und Irrsinn schwanken

Jonathan zweifelt im Schloss des Grafen Dracula an seinem Verstand. Bild: Arno Declair/p

Innenstadt (jdr) – Ein Schloss in Transsilvanien, ein scheuer, aber bestimmter Graf ohne Spiegelbild und viele weitere unheimliche Gegebenheiten: „Dracula“ von Johanna Wehner nach Bram Stokers Klassiker wird derzeit am Schauspiel Frankfurt am Willy-Brandt-Platz aufgeführt.

Grandios inszeniert – mit passender musikalischer Untermalung und der dem Schauspiel eigenen Nuance an Skurrilität, präsentiert das anspruchsvolle Stück die Geschichte vom Grafen Dracula und seinen bösartigen, blutrünstigen Machenschaften, ohne das Blut wirklich auf der Bühne spritzen zu lassen. Mit glasklarem Ausdruck inszenieren die Darsteller die Kultgeschichte von 1897 für das Publikum mit rhetorischen Stilelementen, die Luft für eigene Interpretationen lassen.

Premiere hat das Stück, das noch bis Februar zu sehen ist, am 27. Oktober gefeiert. Die zweistündige Inszenierung, die wie im Roman auf Tagebucheinträgen und Telegrammen der Hauptcharaktere untereinander beruht, handelt von dem englischen Anwalt Jonathan Harker (Christoph Bornmüller), der nach Transsilvanien reist, um eine Immobilie an den Grafen Dracula, verkörpert von Matthias Redlhammer, zu verkaufen.

Währenddessen besucht seine Verlobte Mina (Caroline Dietrich) ihre Freundin Lucy (Judith Florence Ehrhardt) in Whitby, einem beschaulichen englischen Küstenstädtchen.

Jonathan wird im Schloss schnell klar, dass dort einiges nicht mit rechten Dingen zugeht, so reagiert der Graf etwa sehr merkwürdig, als sich Jonathan beim Rasieren schneidet und im Spiegel kann der junge Anwalt seinen Geschäftspartner nicht erkennen. So zweifelt er an seinem Verstand, bis ihm klar wird, dass er es tatsächlich mit einem gefährlichen Wesen zu tun hat und die Flucht ergreift.

Dracula aber reist zugleich per Schiff nach England, wo er sich über Lucy hermacht. Ihre Freunde (Stefan Graf und Arash Nayebbandi) und der niederländische Gelehrte Van Helsing (Heidi Ecks), die inzwischen begriffen haben, dass sie es nicht mit einem Menschen, sondern einem mordlüsternen Vampir zu tun haben, beschließen, dem Monster den Garaus zu machen.

Johanna Wehner, bekannt für ihre aufwendig komponierten Textfassungen, inszeniert „Dracula“ als Studie einer Gesellschaft, die fanatisch eine äußere Bedrohung abwehrt, welche es auf ihre wohlgeordnete Welt abgesehen zu haben scheint. Mit der Identifizierung eines monströsen anderen, radikalisieren sich ihre Mitglieder, um das vermeintlich Gute und Eigene zu schützen.

Der Zuschauer bekommt Einblicke in das Seelenleben der Figuren, wird dabei gefordert, sich die brutalen und erbarmungslosen Taten des Grafen vorzustellen, die durch Wortkunst und Stilmittel erzählt werden. Eine Glanzleistung der Schauspieler, die durch Gesang, Sarkasmus, Lügen und Intrigen sowie weitere interessante Stilbilder den Zuschauer dazu bringen, die Rolle des Grafen als reiner Bösewicht, infrage zu stellen. Mehr Vorstellungen finden etwa am Mittwoch, 6., und Samstag, 9. Dezember, je ab 19. 30 Uhr statt. Infos und Tickets zu zwischen 18 und 52 Euro gibt es online auf schauspielfrankfurt.de/ spielplan/a-z/dracula.