Restaurant „Da Leone“ lädt zum Krimidinner „Der Bräutigam ist tot“

Suche nach dem Mörder: Die Hochzeitsgäste verdächtigen sich gegenseitig, den Bräutigam getötet zu haben. Foto: prochnow

Obertshausen – Gegrilltes Lachsfilet auf dem Teller und eine vergiftete Leiche auf dem Linoleum: Einmal im Monat wird die Speisekarte im Restaurant „Da Leone“ im Bürgerhaus um eine mörderische Spezialität erweitert. Dann servieren Mehin Aslan und sein Team zum Beispiel „Liebesglück mit Schuss“, drei Gänge zwischen vier Akten eines Krimi-Dinners.

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Und dabei gerät das Willkommensgetränk schon mal in die falsche Röhre. Denn die Braut zieht mit dem Bräutigam im Schlepptau krakeelend und lamentierend durch die „Hochzeitsgesellschaft“ im Foyer. Sie im türkisfarbenen Kleid und mit kurzem Schleier, er ganz in Himmelblau. Er interpretiert sein „trocken-knappes“ und ihr „quietschendes Ja“ als „Freiheitsberaubung im gegenseitigen Einvernehmen“. Jetzt beginne ein „Kampf um Gleichberechtigung bis zur nackten Existenz“, fürchtet er. „Mord und Totschlag - bei dieser Familie weiß man nie, sie ist ein biologisches Experiment.“

Dann jedoch trifft es Frank Aschenroth wie der berühmte Blitz aus heiterem Himmel. Noch mit dem Drink in der Hand fällt er tot um. Zum Glück sitzt der „Bestatter“ in den Zuschauerreihen, er verfrachtet den „Leichnam“ mit der Braut auf ein Rollbrett und schiebt ihn raus. Nichts mit Hochzeitstanz und Brautstrauß-Werfen, jammert Patricia. Immerhin, der Leichenschmaus wird serviert.

In alle Hauptrollen schlüpfen Jan Bareins vom Goldbacher Team „Bareins in Action“ und die Hamburger Schauspielerin Johanna Trube. Auffällige Kleidung und Perücken markieren die Figuren. Einige werden von Besuchern dargestellt, die das Duo mit erfahrenem Blick für Talent und Bereitschaft gewonnen hat. Die Zufallsmimen wie etwa die Kommissarin lesen ihren Part ganz unaufgeregt vom Blatt ab.

Kartoffelcreme-Süppchen oder Pulpo auf Rucola, dann Lachs, Steak oder Tortellini und Trüffel, zum Dessert Tiramisu und Pannacotta - das Hochzeitsmahl kann sich sehen und munden lassen. Die Pausen dienen nicht nur dem Schmausen, sie bieten auch viel Raum zum Plaudern und Raten. Plötzlich allerdings dringen von draußen Martinshorn und das Piepen von medizinischen Geräten herein. Und die Diagnose: „Der Bräutigam ist tot“.

Und so stellt sich „Paula“ aus dem Publikum als die „Trauzeugin der kürzesten Ehe“ vor. Braut Patricia hat indessen eine Spritze erhalten, wie Marlon Müngler, Franks Trauzeuge und Bruder, das Publikum informiert. Der Biologie- und Chemielehrer ist eigens aus Kuba angereist und lenkt den Verdacht auf seine Schwägerin, die durch den Tod ihres Mannes ein stattliches Erbe bekommt. Wäre der Investment-Banker unverheiratet verstorben, hätte Marlon das Vermögen erhalten...

„Es hätte schlimmer kommen können“, resümiert die Mutter der Witwe - „vor dem Ja-Wort!“. Drei Männer habe seine Tochter „verschlissen“, urteilt Patricas Vater Hermann und erklärt singend nach Udo Jürgens, „Ich weiß, was ich will“. Es wird noch viel spekuliert, dann sollen die Besucher notieren, wer Frank Aschenroth auf dem Gewissen hat. Statt 120-mal im Jahr spielt die Truppe kaum 20 Prozent der geplanten Vorstellungen, überschlägt Jan Bareins. Er hält sich mit einem Job auf dem Bau über Wasser. Johanna Trube ist mit Ritter Rost unterwegs, doch nur einer von zehn Terminen finde statt. Viele Kolleginnen und Kollegen haben ihren Beruf und ihre Passion angesichts der Einschränkungen schon an den Nagel gehängt, sagen die Darsteller, während andere mehr Geld mit weniger Arbeit verdienen. Es werde viele Jahre dauern, bis der kulturelle Sektor sich erholt habe, fürchten die Theaterleute.

Am 27. April geht es im Bürgerhaus „In 80 Minuten um die Welt“.

VON MICHAEL PROCHNOW