Stadtbibliothek feiert 50-jähriges Bestehen „Die Bücherei ist noch lange nicht zu ersetzen“

„Zwischen einst und jetzt“ ist der Titel des letzten Bands aus der Anfangszeit der Stadtbücherei. Foto: pro

Obertshausen (pro) – Vor 50 Jahren führten erst wenige Kommunen eine Bücherei. Obertshausen war darunter, am 16. November 1966 wurde auf 140 Quadratmetern im Keller des Rathauses Beethovenstraße eine Bibliothek eingeweiht. „Seit diesem Tag ist sie ein beliebter Anlaufpunkt für Jung und Alt“, betonte Bürgermeister Roger Winter. Am Mittwoch vergangener Woche, exakt 50 Jahre später, feierte die Einrichtung im Schwesternhaus an der Kirchstraße ihr Jubiläum.

Franz Böhm organisierte die Ausleihe über die ersten 29 Jahre ehrenamtlich, bemühte die heutige Leiterin Christina Hellemann die Chronik. 1970 öffnete Walter Kretschmer den Raum an zwei Tagen pro Woche für jeweils zwei Stunden. 1200 Bücher standen in den Regalen, verrät die Bestands-Chronik. „Zwischen einst und jetzt“ ist der Titel des letzten verbliebenen Bands aus dieser Zeit. Rektor Heinz Kahl hatte „Obertshausen im Wandel“ beschrieben.

Später kamen Schallplatten und Kassetten hinzu, „vor vier Wochen haben wir die letzten ausgeräumt“, berichtet die Leiterin. 1976 registrierte Kretschmer fast 20 000 Ausleihen. Ab 1987 gab’s auch CDs. 1995 zog die Bücherei ins Schwesternhaus: Medien auf 240 Quadratmetern waren jetzt an 18 Wochenstunden zugänglich. Ende der 90er wurden PC-Spiele, DVDs und Konsolenspiele aufgenommen. Seit 20 Jahren buchen die Mitarbeiter Ausleihen über EDV, damals wurden auch zwei Computer mit Internetzugang aufgestellt.

2016 schlossen sich beide Stadtbüchereien dem Onleiheverbund Hessen an. Von den Lesern werden dort mehr als 11 000 Bücher für je 14 Tage auf den Computer geladen, Tendenz steigend.

Heute seien Kindergärten und Schulen zu Gast, „jedes Kind ist in seiner Grundschulzeit mindestens zweimal in der Bücherei“, informierte die Leiterin. Viele kämen aber öfter. Der örtliche Buchladen lade seit fast 20 Jahren zu Abendveranstaltungen ein, auch die Seniorenhilfe kommt regelmäßig.

„Die Bücherei ist noch lange nicht zu ersetzen“, betonte Christina Hellemann. Sie diene als Ort zum Verweilen für Mütter und Kinder, Flüchtlinge, Schüler, ältere Menschen. Schon der damalige Bürgermeister Robert Flügel wollte, „mit der Bücherei durch einen ausreichenden Bestand an Bildung und Information der Gesellschaft mitwirken“. Mit Annelie Nowotnik stellte die Leiterin eine Leserin vor, die sich vor fast 50 Jahren angemeldet hat und bis heute Bände ausleiht.

Pfarrer Norbert Hofmann erinnerte als Vermieter, dass in den Räumen bis 1991 der katholische Kindergarten untergebracht war. Und bereits am 23. Januar 1949 hatte Pfarrer Emil Neidig eine Bücherei in der damaligen Gaststätte Grüner Baum eingerichtet, die 1962 in den Pavillon zog. Dort wurde sie in den 90er Jahren mit dem Umbau der Pfarrkirche aufgelöst.

„Geistiges Leben wäre ohne Büchereien und die Schätze, die sie bewahren, nicht möglich“, resümierte der Rathauschef. Bibliotheken böten nicht nur dem Weltwissen der Menschheit ein Zuhause, „sondern sind selbst ein Stück Heimat, mitunter sogar Zufluchtsort“.

Büchereien seien heute Bildungseinrichtung für alle soziale Schichten, oft häufiger besucht als das Rathaus. Sie leisten Integrationsarbeit, seien Lern- und Rückzugsort, Raum für Hausaufgaben und Gruppenarbeit. „Diesen Auftrag zur Bildung nehmen wir gerne wahr“, betonte Winter.

2015 verbuchten die Stadtbüchereien zehn Prozent mehr Neuanmeldungen, 37 400 Medien wurden ausgeliehen – ohne die über den Onleiheverbund heruntergeladenen Werke. Die Bücherei werde „als sozialer und kommunikativer Ort“ weiterbestehen. 85 Veranstaltungen, Lesungen, Lesenächte und Bilderbuchkino laufen allein an der Kirchstraße, dankte der Bürgermeister Bibliothekarin Hellemann für ihren „unermüdlichen Einsatz, mit Helfern, viel Engagement, Freundlichkeit und Geduld.

Alexander Budjan von der Hessischen Fachstelle für öffentliche Bibliotheken unterstrich, Büchereien eröffnen den Zugang zu Kunst und Kultur. „Jedes Buch ist ein Schlüssel zum Wissen, zum Paradies“, schwärmte Budjan und wünschte „weiterhin paradiesische Zustände“.