Hausener Kerb an der St. Pius Kirche Ein Fest mit starken Wurzeln

Mit einem gekonnten Schlag eröffnete Bürgermeister Roger Winter beim Bieranstich offiziell die Hausener Kerb. Foto: m

Obertshausen (m) – Klarheit, Demut und Barmherzigkeit sollten das Profil eines Politikers ausmachen. Pfarrer Christoph Schneider fand einmal mehr unmissverständliche Worte. Selten gelang es, im Angesicht der ausgelassenen Geselligkeit einer Tradition ihre starken Wurzeln ins Rampenlicht zu rücken. Im Angesicht des Hausener Kerbborschen funktionierte dieser Spagat.

Dabei unterstrich der Seelsorger in angemessener und angenehmer Form des Festgottesdienstes, dass Kerb Kirchweih heißt und an den Weihetag der Pfarrkirche erinnert. So begleiteten die Musiker des Blasorchesters der Turngesellschaft (TGS) Hausen die Mitglieder der teilnehmenden Vereine, Bürgermeister und Ersten Stadtrat nicht allein mit „Trinkfest und arbeitsscheu“.

Nachdem die Gruppe mit dem Borsch das Gotteshaus bei brütender Hitze durch die Straße rund um St. Pius marschiert war, zog sie vorbei an Kinderkarussell und Mini-Schiffschaukel, Schießstand und Süßwaren in das Gotteshauses. Das Ensemble spielte diesmal nicht allein zu Ein- und Auszug auf, sondern begleitete auch die Gesänge der Messfeier.

„In die Kirche wird viel Freud‘ und Leid‘ getragen“, begann Christoph Schneider – und erinnerte an den Kriegsausbruch vor 80 Jahren. Heute bewege viele Menschen die Angst vor dem Rechtsruck bei den Landtagswahlen im Osten. „Obertshausen hat die Wahl eines neuen Bürgermeisters im nächsten Jahr“, eröffnete er vor dem amtierenden Rathauschef, „vielleicht kandidiert noch ein Dritter“.

Wichtig sei das Profil eines Politikers, damit man ihm vertrauen kann. Klarheit bedeute, „dafür stehe ich“. Auch Jesus habe ein klares Profil für sein Reich. „Anbiedern und Habgier passen nicht zu ihm, er wendet sich den Kleinen und Verwundeten zu“, betonte der Pfarrer. Jesus sei wie das „Allerletzte“ an einem Kreuz gestorben.

„Demut wird häufig mit Zurückhaltung verwechselt, es ist aber eine gesunde Selbsteinschätzung, zu wissen was man will und kann, nicht größenwahnsinnig zu werden, Grenzen zu achten. So kann man gut Konflikte überwinden.“ Und Barmherzigkeit heiße, geben ohne Gegenleistung. Schneider forderte auf, anderen ein Lächeln zu schenken, Danke zu sagen, „den Alltag eines Menschen zu versüßen“.

„Es ist mutig, wenn heute Menschen in die Öffentlichkeit gehen, für demokratische Werte einstehen“, dankte der Theologe den Politikern und den Ehrenamtlichen. „Geschichte muss ernst genommen werden“, meinte er und ergänzte, „so können wir Freunde Gottes werden, das ist eine Freundschaft, die trägt“. Die Gottesdienstgemeinde reagierte mit spontanem Applaus.

Mitglieder des Vereinsrings verlasen Fürbitten für Leute, die sich zum Wohle der Stadt engagieren, für jene, die aus Not oder zum Arbeiten nach Obertshausen gekommen sind, sowie für Angehörige von Feuerwehr und anderen Rettungsdiensten.

Die Predigt war auch auf dem Kirchplatz noch lange Gesprächsthema. Der Bürgermeister wiederholte die Worte und den Dank – und stach das Fass Bier mit einem Schlag auf den Hahn an. Luis Galvez, Vorsitzender des Vereinsrings, nannte die acht Vereine auf dem Gelände, die eine große kulinarische boten: der Event-Kultur-Club mit Gyros, Fischbrötchen, Bier-Spezialitäten und Cocktails, die Teutonia mit Döner und Getränken von der Bar, der TV Hausen gegenüber mit Zwiebelkuchen und Hot Dogs, die Sängerlust mit Steaks, Hackbraten und Wurst, der ZVB mit Crepes, die Kolpingfamilie mit Wein und Käse und die TGS mit Getränken aus dem Thekenwagen.

Die Tausendfüßler führten am Sonntag die Kuchentheke und schminkten Gesichter, die Kinder- und Jugendförderung hatte eine bunte Auswahl an Spielen für die ganze Familie mitgebracht. Am Samstag starteten die Band Rex Kaiser und die Schlagerholme einen vergnügten Schlagerabend, der viele Besucher auf die Tanzfläche führte. Über das Sonntagsprogramm mit den Klagen des Kerbborschen berichten wir noch.