Liebeslieder, die kritische Akzente setzen Jugendchor 2000 zeigt eine andere Art des Stimmengewirrs

Kein Einheitsbrei: Der Jugendchor der Sängerlust 2000 verzauberte die Zuhörer im Hausener Bürgerhaus mit eigenständigen Interpretationen und dem eigenen Stil. Foto: Mangold

Obertshausen (man) – Vor dem Konzertbeginn des Jugendchors 2000 der Sängerlust dachte am Sonntag, 25. September, vielleicht mancher im Bürgerhaus von Hausen: „Die haben ja die Ruhe weg. Wann ziehen die sich um?“ Gewiss nicht deshalb, weil der Schick fehlte. Aber normalerweise treten Chöre uniform auf.

„Heute das erste Mal nicht“, erklärt Tobias Roth nachher in der Pause. Im Vorfeld wurde das ganze besprochen, mit der Quintessenz, man solle durch die freie Textilwahl mehr Individualität wagen. Keine schlechte Entscheidung: So bleibt jeder einzelne wesentlich leichter im Gedächtnis haften.

Das Konzert steht unter der Überschrift „A different kind of buzz“, was der Sänger, Beatboxer und Moderator Tobias Roth mit „eine andere Art des Stimmengewirrs“ übersetzt. Ein Bläsertrio aus Posaune, Saxophon und Trompete, sowie die Besetzung eines Streichquartetts, die sich aus Musikern der Neue Philharmonie Frankfurt zusammensetzt, begleiten den Chor. Mit von der Partie sind ein Kontrabassist und ein Perkussionist, allesamt Könner ihres Fachs. Der Kontakt zu den Philharmonikern rührt von Chorleiter Peter Krausch, wie der Vize-Vorsitzende Robert Bedner am Rande erzählt, der im Bass singt.

Alles aus einem Guss

Das Konzert beginnt, passend zum laufenden Monat, mit „September“, dem 70er-Jahre Funk-Hit von Earth, Wind & Fire. In den ersten Takten fällt auf, hier steht kein Chor, dessen Intonation zumindest in den Höhen ein wenig wackelt. Verstecken könnte sich außerdem niemand, denn alle haben Mikrofone vor sich stehen. Es klingt, als käme alles aus einem Guss.

Stimmlich ausgereift besingt Tobias Roth, im Alltag Lehrer für Mathe und Chemie in Offenbach, den Zustand, den viele, vor allem in jungen Jahren, schon einmal erlebt haben: Aus der Ferne verliebt zu sein, und der andere weiß nichts davon. Roth übernimmt nicht nur den Solopart in „Sie sieht mich nicht“ von Xavier Naidoo, er arrangierte das Lied auch für die heutige Besetzung. Seine Co-Moderatorin Katrin Walke betont, in den Nummern eines Rock- und Popchors wie den Hausener gehe es zwangsläufig um Liebe.

 „Skyfall“ zum Schluss 

So wie im im nächsten Lied mit dem Titel „Mädchen lach doch mal“ von der A-Cappella-Band „Wise Guys“. Der Song behandelt ebenfalls die unbemerkte Liebe aus der Ferne, allerdings mit weniger Pathos für die Angebetete. Liebeslieder, die kritische Akzente setzen, sind selten: „Hat ihr denn niemand beigebracht, wie man lächelt oder lacht?“, heißt es über die Frau, die topp aussieht, aber blasiert drein schaut.

Was am Jugendchor 2000 neben der sauberen Intonation und der klaren Artikulation noch angenehm auffällt, lässt sich durch das Gegenteil beschreiben. Amerikanischen Chören der Art treten stets mit Einheitsmimik auf, ähnlich wie wie die Nachrichtensprecher. Bei den Hausenern trägt nicht nur jeder das Kleidungsstück seiner Wahl, sondern auch das eigene Gesicht.

Das gut besuchte Konzert endet mit dem James-Bond-Song „Skyfall“, dessen Beginn mit der elegischen Melodie und vor allem dem Textanfang „This is the End“ an die Doors und den Film Apocalypse Now erinnert.