Erfolgreicher Rathaussturm in Obertshausen Karnevalisten vertreiben wieder den Winter

Sie Stadtkasse hatte sich Lederbaron Frank I. geschnappt und führte eine Polonaise mit der Truhe unterm Arm durchs Rathaus an. Vor dem Verwaltungsgebäude wurde nach der Eroberung nochweiter gefeiert. Foto: Stadt Obertshausen/p

Obertshausen (m) – Bürger, die in diesen Tagen einen Termin mit dem Bürgermeister haben, sollten sich nicht wundern. Sie könnten einem Hünen mit Pfauenfedern an der Kappe begegnen. Seit Samstag ist das Verwaltungsgebäude offiziell in der Hand der Narren. Der Karnevalverein „Die Elf Babbscher“ habt es mit Lederbaron Frank I. und Comtesse Claudia I. als Speerspitze und Scharen von Fastnachtern im Sturm erobert.

Zum dritten Mal ging es darum, den Winter zu vertreiben. Und auch diesmal gelang es mit bewährter Taktik, Bürgermeister Roger Winter, Erstem Stadtrat Michael Möser und dem Rest des Magistrats die Stadtkasse abzuluchsen. Mit Zylinder, Melone und ernsten Minen unter den Narrenkappen blickten die Politiker auf das fröhliche Treiben zu ihren Füßen. Baron Frank sieht „Muffesause“ bei den „Stubehockern und Paragraphen-Rittern“, die „närrisch’ Übermacht“ habe sie wohl um den Schlaf gebracht.

„Nicht schon wieder“, seufzt Winter, „die GroNaKo steht vor dem Haus“, die Große Narren-Koalition. „Und dieser bunt gemischte Haufen will mir jetzt den Schneid abkaufen?“ „Komm sei nicht bockig, großer Boss, komm mal runter vom hohen Ross“, entgegnet Frank. „All die, die heut’ die Zeit dir stehle, die war’n auch da, um dich zu wähle’!“ An Aschermittwoch bekomme er die Stadt „saniert zurück“.

Herrscher in der Burg im Hain

Der Rathauschef wehrt sich, „das ganze Jahr bin ich am Renne’, immer ist wo was am Brenne’“. Aus zwei mach’ eins, argumentiert der Baron, „wir setzen uns mit Herzblut ein für den Aufbau der alten Obertshausener Burg“. Das bringe einen Thron als Amtssitz und den Titel „Herrscher in der Burg im Hain“. Finanzierbar sei der Traum, springt Comtesse Claudia ihrem Baron zur Seite, „die Beamten bringen’s Brennholz selber mit“. Dazu werden Kerzen entzündet und eine Beamten-Aufwecksteuer eingeführt, eine Folterkammer als Fitnesscenter vermietet, im Graben ein Bootsverleih eröffnet. Dazu vertreibe sie persönlich Fastnachtsmode.

So gibt der Rathauschef auf, Stadtrat Möser eilt mit der Schatztruhe auf die Bühne, reißt sich den Frack vom Leib und entpuppt sich als Überläufer mit Schürze und Babbscher-Kappe. So startet eine Polonaise mit der Truhe unterm Arm durchs Rathaus.

Zuvor war war der Umzug, Fahnenschwenker, Node-Babbscher und Fastnachter aus den Nachbarstädten hatten sich dem Lindwurm von der Sporthalle Rodaustraße zur Schubertstraße angeschlossen. Mit von der Partie waren die Prinzenpaare aus Lämmerspiel und Mühlheim, Regenten aus Offenbach und Hanau, Karnevalisten aus Dietesheim und anderen Orten. Dazwischen rufen kunterbunt verkleidete Knirpse von den Kitas St. Josef und Rodaustraße kräftig „Helau!“, Gardemädchen in weißen Jacken winken.

Garden und Musiker

Auf den Rathausstufen musizierten auch die Icebreaker der Offenbacher Stadtgarde, Garden und Solotänzerinnen verbreiten fastnachtliche Stimmung auf dem Platz, auf dem der Vereinsring flüssige und feste Stärkungen verkaufte. Babbscher-Chef Andreas Murmann wäscht als „Amtsschimmel-Sanierer“ den Beamten den Kopf. Dabei verkauft auch er als beste Lösung für die Rathaus-Frage das Ansinnen seines Vereins: „Ein neues Rathaus, das wär’ fein, doch schöner ist die Burg im Hain.“ Die Bürger müssen wohl warten, bis der Schwimmteich fertig ist. In Protokoller-Manier kritisiert der Vorsitzende den Diesel-Skandal: „Gezahlt wird nur in Amerika“, wo Präsident Trump poltert und Porzellan zerdeppert – „hat der noch alle Waffen im Schrank?“ Die AfD sei eher braun als blau und gut integrierte Gymnasiasten würden abgeschoben, während Terroristen bleiben können. Als Pizzabäcker stellt Komödiant Ciro Visone seinen neuen Mainzer Fastnachtsschlager vor und steht als „legaler“ Pate den Wagenbauern der Babbscher zur Seite.