Bernhard Langert liefert Sachspenden Private Hilfe, die ankommt

Straßensperren sind keine Seltenheit: Auch auf dieser Bundesstraße in Richtung Liew im Westen der Ukraine müssen solche Posten passiert werden. Bild: -

Obertshausen – Wenn Bernhard Langert von der Ukraine erzählt, dann wirkt es, als berichte er von einer fremden Welt. Die Kohlebergbaustadt Nowowolynsk im äußersten Westen des Landes erinnere zwar noch an eine Kleinstadt Mitteleuropas. Doch nur wenige Kilometer außerhalb scheine die Zeit stillzustehen: Dörfer mit Holzhäusern und unbefestigten Straßen. „Es ist eine arme Region“, sagt Langert. Bis zum Ende der UdSSR war die Ukraine eine der 15 Sowjetrepubliken „und wurde von den Russen ausgebeutet“, wie Langert sagt.

Seit Fronleichnam 2022 fährt der Obertshausener regelmäßig in diese Region. Damals startete er seinen ersten privaten Transport mit Hilfsgütern für Menschen in dem Land, das genau vor zwei Jahren von Russland überfallen wurde. Unter dem Dach der Hobby-Fußballmannschaft FC Oberschlesien hatte Langert damals zu Spenden für die Ukraine aufgerufen – und die Resonanz war enorm. Gesammelt wurde alles, was Menschen brauchen, von Babynahrung über Fertigsuppen bis zu medizinischen Erzeugnisse.

Endete der erste Transport noch in Polen in einem Lager mit ukrainischen Flüchtlingen, fuhr Langert danach ein paar Kilometer weiter bis auf ukrainisches Gebiet, in die Stadt Nowowolynsk eben. Gut 2 800 Kilometer von Obertshausen entfernt. Dort sind die Hilfsgüter einer städtischen Sammelstelle übergeben worden. Von dort wird es dann weiterverteilt.

Ob er nicht Angst hatte, in ein Land zu fahren, das sich im Krieg befindet? „Nein“, sagt Langert, „vom Krieg spürt man im Westen des Landes kaum etwas. Die Menschen dort hatten uns auch versichert, dass es bei ihnen keine Fliegerangriffe gibt.“

Die Grenze zu Polen ist nur gut 50 Kilometer entfernt, gekämpft wird 1 200 Kilometer entfernt, im Osten der Ukraine, in Städten wie Makijiwka oder Saporischschja. Doch in Nowowolynsk spüren die Besucher auf eine andere Art, dass sich das Land im Krieg befindet. Bis zu 10 000 Flüchtlinge aus dem Osten habe die Stadt aufgenommen, sagt Langert. Das ist bei einer Einwohnerzahl von rund 45 000 Menschen ein beachtliche Leistung.

Von den mittlerweile zehn Transporten mit Hilfsgütern aus Obertshausen hat Langert neun begleitet, immer wieder mit denselben Gütern – auch viele, die an Soldaten an der Front weitergeleitet wurden. Die Kontakte vor Ort knüpfte Jana Nikityuk, eine junge Frau, die bei der Stadt Nowowolynsk im Sozial- und Wohnungsbereich arbeitet und als Sprecherin der freiwilligen Helfer fungiert. Sie begleitet auch die Hilfsgüter-Transporte an die Front.

Auf den langen Fahrten nach Nowowolynsk sitzt Langert im Kleinbus in der Regel neben seinem Freund und Mitstreiter Richard Kotzurek. Fünfmal haben sie in einem Hotel in der Nähe der Stadtverwaltung geschlafen, 20 Euro kostet die Nacht in dieser Zwei-Sterne-Herberge, die anderen Male sind sie zurück nach Polen und haben dort Station gemacht.

Beide haben über die nunmehr fast zwei Jahre ein intensives Verhältnis zu Nowowolynsk und den Menschen dort entwickelt. Die Obertshausener Delegation besuchte eine Schule, in der es zum Schutz vor Fliegerangriffen im Keller einen Bunker gibt sowie einen unterirdischen Notausgang. Auch Borys Karpus, der Bürgermeister von Nowowolynsk, empfing die Obertshausener. Und ein besonderer Moment war 2022, als der gläubige Katholik Langert den Bischof Matvey von Nowowolynsk für zwei Stunden traf. Die Verständigung mit dem Geistlichen („Ein weiser Mann“) habe gut geklappt, denn Matvey spreche gut Polnisch, und das ist auch die Heimatsprache des gebürtigen Oberschlesiers Langert.

Weil ein Ende des Krieges nicht in Sicht ist, wird auch die Hilfsaktion von Bernhard Langert weitergehen. Zusätzlich zu den Hilfsgütern hatte er rund 16 000 Euro Spendengelder gesammelt, davon unter anderem fünf Notebooks, Taschenlampen, Mückenspray und sogar 16 Generatoren gekauft. Und auch zwei gebrauchte Autos hatte er beschafft, die Ende Januar von zwei Ukrainern mit einem Transporter abgeholt worden sind. Bernhard Langert hatte ihnen noch 600 Euro für Sprit mit auf die Reise gegeben. Wer weiter Spenden will, kann sich an ihn wenden unter z 0163 2112649.

Von Steffen Gerth

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