Auch Schneeräumen und Tausalz-Streuen will geübt sein / 97 Mitarbeiter in Rufbereitschaft Unterwegs mit dem städtischen Winterdienst auf Probefahrt

Timo Friedmann zeigt den Verlauf der Räumdiensttour auf dem Hanauer Stadtplan.

Hanau / Stadtteile (beko/red) – Typisches November-Wetter macht sich in den letzten Tagen des Monats breit, auch enn für den Dezember noch ein paar schöne Tage angesagt sind. Aber: Der Winter kommt! Manchmal schneller als man denkt. und da will auch Schneeräumen und Tausalz-Streuen geübt sein.

Für den städtischen Winterdienst des Eigenbetriebs Hanau Infrastruktur (HIS) bedeutet dies die ersten Einsätze.

Und was hat der Räumdienst zu tun, wo Schnee und Eis bisher ausgeblieben sind auf jeweils 130 Kilometern Straßen und Gehwegen, die seinen Aufgabenbereich umfassen? Er nutzt die Zeit, um mit insgesamt fünf schweren Fahrzeugen mit Schneeschild vorne und Streuteller am Heck zu üben. Was vor allem bedeutet, die in Plänen festgelegten Routen im Stadtgebiet abzufahren.

Für die neu hinzukommenden Einsatzkräfte ist das wichtig, damit sie sich mit erfahrenen Kollegen austauschen können, erzählt HIS-Betriebsleiter Markus Henrich. Zu den Erfahrenen zählt beispielsweise Timo Friedmann, der für die Stadt Hanau schon seit zwei Jahrzehnten im Räumdienst unterwegs ist; ist der nicht nötig, arbeitet der 48-Jährige als Springer bei der Müllabfuhr. Auch er braucht das Fahrtraining mit Schneeschild und Streuteller. Auf Strecke ist immer wieder neu vor einem Wintereinbruch zu üben, wie gut er mit dem 3,50 Meter breiten Schneeschild durch enge oder zugeparkte Straßen gelangt wie beispielsweise die Obergasse in Klein-Auheim oder die Steinheimer Ludwigstraße. Hinzu kommt, dass sich von der vorigen bis zur aktuellen Winterdienst-Periode vom 1. November bis 31. März Straßensituationen durch Umbau oder neue Verkehrsregeln geändert haben können.

Am Anfang der Übungsphase stehen im Betriebshof Daimlerstraße immer das Einweisen in Fahrzeug- und Ladetechnik und ein Auffrischen der Kenntnisse in Arbeitssicherheit. Verfeinert wird das auch bei Kursen der Unfallkasse Hessen, die HIS seine Fahrer besuchen lässt. Ausprobiert wird auch das Auf- und Absteigen an der Leiter des Streusalz-Silos sowie das Betanken am Flüssigsalztank, beide Taumittel werden mit einer Mischung bis zu maximal zwölf Tonnen geladen.

„Wichtig ist, dass die eigene Sicherheit der Einsatzkräfte vorgeht“, betont Einsatzleiter Frank Leonhardi im Betriebshof. Daher impfe er seinen Kollegen auch stets aufs Neue ein, dass sie bei Glätte erst die Wege zu den Einsatzfahrzeugen streuen sollten. In Klein-Auheim fährt Friedmann mit dem Zwölftonner, dem größten der städtischen Räumfahrzeuge, auch vor die Einfahrt der Feuerwehr. Er will abschätzen können, wie er bei Schneefall den weißen Niederschlag dort am effektivsten wegschiebt. Feuerwehr-Stützpunkte gehören auf den Routen genauso zu den Punkten, die geräumt oder gestreut werden, wie Bushaltestellen.

Friedmann ist auf einer von drei sogenannten A-Routen unterwegs. Damit klassifiziert HIS Hauptverkehrsstraßen, Zufahrtsstraßen von und nach Hanau, City-Ring und einen Großteil der Buslinienwege. Je nach Winterwetterlage haben die Einsatzkräfte bis zu sechs wichtige Straßenrouten mit zu räumen. Die längste Strecke dabei misst 54 Kilometer.

Zu Friedmanns Übungsweg gehört an diesem Tag das Passieren der Steinheimer Vorstadt an der „Villa Stokkum“. Gefällstrecken wie diese, erzählt er, könnten bei schneebedeckter Fahrbahn bergab schon mal eine Herausforderung sein. Tückisch sei es auch am Kanaltorplatz in der Verbindung von der Philippsruher Allee rechts zum City-Ring, weil die Kurve dort kurz ziemlich unübersichtlich sei - erst recht im Dunkeln.

Geprobt wird meist tagsüber. Die Herausforderung im Einsatz ist aber die Dunkelheit, wenn der Räumdienst ab vier Uhr in der Nacht unterwegs ist - im Extremfall auch früher. Dann ist der Fahrer auf sich allein gestellt. Einem wie Friedmann macht das freilich nichts aus, er ist es gewohnt.

Was eher zusetze, sei die „zunehmende Verrohung im Straßenverkehr, die alle unsere Fachkräfte im Räumdienst immer mehr zu spüren bekommen“, beklagt HIS-Betriebsleiter Henrich. Rücksichtsloses Überholen mit Abdrängen auf glatter Straße zähle dazu, ebenso das Verhindern einer Rettungsgasse. „Wenn uns Autofahrer nicht zum Schneeschieben und Streuen durchlassen, dann ist das Verkehrschaos programmiert“, gibt Henrich zu bedenken. Timo Friedmann weiß auch zu berichten, wie Eltern mit ihren Kindern auf dem Weg zur Schule morgens spät dran seien und abfällige Gesten zeigten, weil ihnen das Einsatzfahrzeug zu langsam unterwegs sei. Dabei gelte doch Vorsicht vor Tempo, um keine Menschen durch ein zu schnelles Einsatzfahrzeug zu gefährden. Illegales Parken erschwere das Fahren ebenso wie mangelnde Rücksicht an engen Stellen, um dem Räumdienst den Vortritt zu lassen.

„Das ist alles schwer nachvollziehbar“, findet HIS-Betriebsleiter Henrich. Schließlich setzten sich die städtischen Einsatzkräfte für die Bürger ein, damit sie bei winterlichen Straßenbedingungen möglichst sicher fahren könnten.

Bei der Übungsfahrt überwiegen übrigens die Entgegenkommenden, die Timo Friedmann zunächst durchlassen, auch wenn in engen Tourabschnitten am Fahrbahnrand parkende Autos eher auf seiner Straßenseite das Hindernis sind. Er vermutet, das liege daran, dass der Berufs- und Schulverkehr schon vorbei sei und es daher etwas entspannter zugehe.

„Schnee, Eis und Dunkelheit - das ist im Training des Räumdienstes nicht so einfach zu simulieren“, gibt der zuständige Stadtrat Thomas Morlock zu bedenken. Umso erfreulicher sei es, dass HIS „zuverlässig und sicher diesen Teil der Daseinsvorsorge erledigt, auch wenn richtig harte Winter in Hanau die Ausnahme sind“.

So belief sich die tatsächliche Einsatzzeit im Winter 2016/17 lediglich auf acht Tage. 2015/16 waren es sogar nur zwei, im Zehn-Jahres-Schnitt sind es 18.

Entsprechend dem Hessischen Straßengesetz hat HIS die öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit zu räumen. Zudem müssen die Einsatzkräfte bei Schnee- und Eisglätte streuen, soweit das erforderlich ist, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten. Nach geltender Rechtsprechung ist hierbei von einem Zeitraum von vier bis 20 Uhr auszugehen. Der HIS-Winterdienst bezieht seine Wetterprognosen per Internet.

Mit einem privaten Wetterdienst hat die Stadt einen Vertrag abgeschlossen. Ziel sind möglichst punktgenaue Vorhersagen, um die Rufbereitschaft so effektiv wie möglich zu gestalten. Dem städtischen Winterdienst stehen 30 Fahrzeuge zur Verfügung, darunter fünf große Streufahrzeuge und bis zu 25 kleine Einsatzfahrzeuge für das Räumen und Streuen auf Gehwegen. Für all diese Schichten stehen insgesamt 97 Mitarbeiter rufbereit.

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