Künstler verlegt einen Stein für Dr. Paul Blüthenthal Erster Stolperstein vor dem Eintracht Frankfurt Museum

Eintracht Präsident Peter Fischer mahnte und forderte auf, sich gegen Hetze und Ausgrenzung zu wehren. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Es ist der erste Stolperstein, der direkt auf dem Stadion-Areal verlegt wurde. Aus diesem Anlass waren Mitglieder der Initiative Stolpersteine Frankfurt, Jugendliche, der Stadionpfarrer Eugen Eckert und Eintracht Frankfurt Präsident Peter Fischer zur kleinen Feier gekommen.

Der Initiator, Museumsleiter Matthias Thoma, erzählte von Paul Blüthenthal, der im August 1897 in Frankfurt geboren wurde und jüdische Wurzeln hatte. Er besuchte das Kaiser-Friedrich-Gymnasium, studierte Jura und promovierte 1924. Drei Jahre später machte er sich mit dem Rechtsanwalt Josef Keil selbstständig. Beide leiteten zeitweise die Leichtathletikabteilung der Eintracht. Blüthenthal unterstützte den Verein in juristischen Fragen und förderte neben der Leichtathletik auch den Fußball.

Angestellter bei einer Schuhfabrik 

1933 trat er aus dem Verein aus. Ein Brief vom 11. April 1933 ist erhalten, in dem der Vorstand der Leichtathleten das bedauerte und schrieb: „Erscheint uns auch Ihr nun einmal getroffener Entschluss für die derzeitige Lage als das einzig Richtige, so werden wir uns trotz alledem gestatten, Sie über die Vorgänge innerhalb der Leichtathletikabteilung stets auf dem Laufenden zu halten.“ Blüthenthal antwortete am 22. April 1933: „Es ist mir in Zeiten schwerer seelischer Bedrängnis ein starker Trost zu wissen, dass äußere Schranken innere Verbundenheit nicht zu trennen vermögen.“ Im April 1933 wurde Blüthenthal die Zulassung als Anwalt entzogen, er arbeitete als kaufmännischer Angestellter in der Schuhfabrik Pathos.

„Ob die Eintracht 1938 die Flucht von Paul Blüthenthal und seiner Familie nach Chile unterstützt hat, ist nicht überliefert. In Chile konnte er nicht als Anwalt arbeiten, eröffnete 1939 aber eine kleine Bandfabrik. Leider starb Paul Blüthenthal nach einem Unfall 1947“, berichtete Thoma. Bertha Blüthenthal, Mutter von Paul und dessen jüngerem Bruder Ernst, wurde trotz aller Anstrengungen die Ausreise nicht gewährt, sie entzog sich der Deportation 1942 durch Freitod.

Auch Eintracht Präsident Peter Fischer war dabei

Trotz des DFB-Pokalendspiels hatte sich Eintracht Präsident Peter Fischer die Zeit genommen, für die Verlegung des Stolpersteins zum Stadion zu kommen. „Erinnerungskultur ist uns wichtig, sie muss an die Kinder und Jugendlichen weitergegeben werden. Ich schäme mich, wenn ich von antisemitischen Vorfällen in meinem Land erfahre. Hetze und Ausgrenzung darf es nicht geben. Deshalb bin ich stolz auf die Satzung der Eintracht“, sagte der Präsident und fügt hinzu: „Es geht darum, sich gegen Rassismus zu wehren. Später zu sagen, dass man nichts gewusst habe, ist heute nicht mehr möglich.“

Auf dem Stein, seit 2008 ist es der zehnte für einen Eintracht-Spieler oder -Mitarbeiter, steht: „Hier arbeitete Dr. Paul Blüthenthal, Jahrgang 1897, Flucht 1938 Chile“. Nachdem Gunter Demnig den Quader an der vorbereiteten Stelle eingesetzt hatte, bildeten alle Anwesenden einen Kreis und fassten sich an den Händen: Damit nahmen sie Paul Blüthenthal symbolisch in die Reihe derer, die nicht vergessen werden, auf. Roman Kuperschmidt umrahmte die Feierstunde musikalisch und beendete sie mit dem traditionellen jüdischen Lied „Hevenu Shalom Alechem“.