Berliner Textilexperte in Fairtrade-Gemeinde Hainburg zu Gast „Siegeln nicht blind vertrauen“

Gesprächsabend in der Fair-Trade-Gemeinde Hainburg mit Berliner Textilexperten. Foto: Veranstalter/p

Hainburg (red) – Der Berliner Textilexperte Berndt Hinzmann hat Verbraucher dazu aufgerufen, Umwelt- und Sozialsiegeln nicht blind zu vertrauen, sondern kritisch zu hinterfragen. Hilfreich könne dabei das Internetportal Siegelklarheit.de der Bundesregierung sein, sagte Hinzmann bei einem Gesprächsabend im Evangelischen Gemeindehaus, zu dem die Steuerungsgruppe „Hainburg ist Fairtrade- Gemeinde“ eingeladen hatte. Die Webseite biete Orientierung im Dschungel der Labels. Sie erkläre Konsumenten, wofür Signets wie BCI, Fair Wear Foundation, Oeko-Tex, Gots oder Fairtrade Baumwolle stehen und ob sie halten, was sie versprechen.

Seit den jüngsten Katastrophen wie die des Einsturzes der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch mit mehr 1120 Toten im Jahr 2013 sei viel in Bewegung geraten, sagte Hinzmann von der Nichtregierungsorganisation Inkota, die Mitglied der internationalen „Kampagne für Saubere Kleidung“ ist. Im Gespräch mit dem Journalisten Tobias Schwab nannte Hinzmann vor mehr als 80 Zuhörern beispielhaft das Abkommen über mehr Sicherheit in Textilfabriken, dem sich mittlerweile große Teile der internationalen und deutschen Bekleidungsindustrie angeschlossen haben. Bis zu wirklich fairen Bedingungen in der Textilproduktion sei es aber noch ein weiter Weg. Dabei müsse es um Löhne gehen, die zum Leben ausreichen, um bessere Umwelt- und Sozialstandards in Fabriken und um das Recht der Näherinnen und Arbeiter, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Das von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ins Leben gerufene „Bündnis für nachhaltige Textilien“ nannte Hinzmann ein wichtiges Instrument. Die Allianz zählt mittlerweile mehr als 180 Mitglieder . Dazu gehören neben Entwicklungsorganisationen wie Misereor, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden auch alle namhaften deutschen Bekleidungshersteller und -händler. Selbst viel kritisierte Discounter wie KiK und Primark haben sich dem Bündnis mittlerweile angeschlossen.

Hinzmann verteidigte das Bündnis, das letztlich nur auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Mitglieder setzt. Es komme darauf an, möglichst viele Akteure mit auf den Weg zu besseren Bedingungen in der gesamten Produktionskette zu nehmen. Gleichzeitig seien aber auch gesetzliche Verpflichtungen nötig. „Die Achtung von Menschenrechten kann keine freiwillige Angelegenheit sein“, betonte Hinzmann. Wenn deutsche Hersteller bei ihren Geschäften im Ausland Menschenrechte verletzten, könnten die Opfer dieser Geschäftspraktiken die Unternehmen bisher kaum zur Verantwortung ziehen. Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte, den die Bundesregierung gerade erarbeite, müsse deshalb Firmen gesetzlich verpflichten, ihre Sorgfaltspflichten zu beachten.

Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, haben zahlreiche Entwicklungshilfe- und Menschenrechtsorganisationen eine Online-Petition gestartet (www.inkota.de), die noch gezeichnet werden kann. Hinzmann appellierte an die Zuhörer, zivilgesellschaftliche Organisationen zu unterstützen. „Ohne die öffentliche Debatte und den Druck der Konsumenten wären wir längst noch nicht so weit.“