Angeklagter richtete mit kopierten Sozialgutscheinen Schaden von fast 1.900 Euro an 39-jähriger Betrüger muss für 15 Monate ins Gefängnis

Rechtsanwalt Nils J. Dick argumentierte während des Prozesses, sein Mandant habe aus existenzieller Not heraus das Gesetz gebrochen und plädierte für eine Haft von zwölf Monaten. Foto: Mangold

Dietzenbach (man) – Das Schöffengericht in Offenbach hat unlängst einen zuletzt in Dietzenbach lebenden 39-Jährigen zu 15 Monaten Gefängnishaft ohne Bewährung verurteilt, weil er das Kommunale Jobcenter „Pro Arbeit“ in Dreieich betrogen hatte. Der Angeklagte hatte Sozialgutscheine kopiert und damit weit mehr Waren eingekauft, als das Amt ihm zugestanden hatte.

Staatsanwältin Isabelle Schad brauchte Zeit, um die Anklage zu verlesen. Ende 2017 soll der Mann, der wegen einer anderen Geschichte zur Zeit in der Justizvollzugsanstalt Weiterstadt gemeldet ist, mit kopierten Sozialgutscheinen in 21 Supermärkten eingekauft haben, vor allem in Dietzenbach. Der Schaden beläuft sich den Angaben zufolge auf 1898,13 Euro.

Eine Angestellte des Jobcenters erklärte als Zeugin, wie es dazu kam.

Sie sei die Sachbearbeiterin des arbeitslosen Angeklagten, dessen monatliche Überweisung sie zurück gehalten habe, „weil bestimmte Unterlagen fehlten“.

Statt dessen habe sie dem Mann Gutscheine im Wert von je 25 Euro gegeben, mit denen sich in Supermärkten einkaufen lässt.

Zu Beginn des Prozesses hatte Rechtsanwalt Rechtsanwalt Nils J. Dick dem Vorsitzenden Richter Manfred Beck ein Rechtsgespräch vorgeschlagen. Hinter geschlossenen Türen versuchten Rechtsanwalt, Staatsanwältin, der Richter und die beiden Schöffen auszutarieren, in welchem Rahmen sich im Falle eines Geständnisses die Strafe bewegen wird.

Dem Angeklagten hätte Leugnen ohnehin nichts genutzt.

Seine Chance, erwischt zu werden, lag bei hundert Prozent, denn bei jeder Vorlage eines Gutscheins muss der Kunde seinen Personalausweis vorlegen und per Unterschrift quittieren.

Der Filialleiter einer Discounter-Kette erzählte, wie er von einem Kollegen den Wink bekommen hatte, dass der Angeklagte mit kopierten Gutscheinen unterwegs sei. In der eigenen Filiale habe er den Mann, der damals bei einem Kumpel in Dietzenbach lebte, schließlich abgepasst, „er hatte vier Scheine mit der absolut identischen Unterschrift der Sachbearbeiterin dabei“.

Es dauerte auch eine Weile, bis Richter Beck alle Vorstrafen aufgezählt hatte. So fuhr der 39-Jährige mehrfach ohne Führerschein, beging zweimal Unfallflucht. Außerdem kassierte er Geldstrafen und Gefängnisurteile wegen Betrugs und Gewerbetreiben ohne Gewerbeschein, „da arbeitete ich bei einer Drückerkolonne“. Hinzu kommt Meineid. Momentan sitzt der 39-Jährige wegen „Erschleichung von Leistungen“ ein. Wegen Gewaltdelikten stand er noch nie vor Gericht.

Beim Rechtsgespräch einigten sich die Parteien. Bei einem Geständnis werde die Haftstrafe zwischen zwölf und 18 Monaten dauern. Bewährung fällt flach.

Staatsanwältin Schad plädierte auf anderthalb Jahre, sprach sich aber dagegen aus, dass der Angeklagte noch durch „Einziehung von Wertersatz“ die rund 1.900 Euro für den Gesamtschaden aufgebrummt bekommt. Es sei zu erwarten, dass der Angeklagte später wieder vom Amt leben werde, „dann bekommt er ohnehin 30 Prozent weniger überwiesen, bis alles beglichen ist“.

Verteidiger Nils J. Dick betonte, „Urkundenfälschung und Betrug, das klingt erst mal schlimm“. Das Ganze sei aber nur entstanden, weil sich sein Mandant von der Sachbearbeiterin bei „Pro Arbeit“ gegängelt gefühlt habe, „er hatte den Einruck, er kann so viel Unterlagen vorbeibringen, wie er will. Er bekomme doch kein Geld“. Die Lebensmittel habe er überwiegend selbst verbraucht, einen kleinen Teil der Mutter überlassen, „die Taten haben eine existenzielle Ursache. Er hatte Hunger“, so der Rechtsanwalt.

Auch weil der Schaden nicht außerordentlich hoch sei, reichten zwölf Monate Haft.

Das Schöffengericht blieb mit dem Urteil von 15 Monaten Haft in der Mitte der Forderungen.

Richter Manfred Beck erklärte, der Angeklagte habe aus wirtschaftlicher Not heraus gehandelt. Die vom Verteidiger konstatierte „positive Sozialprognose“ könne das Gericht partout nicht erkennen.