Dietzenbacher Religionsgemeinschaften gegen Vorurteile Für den sozialen Frieden

Miteinander in Kontakt kommen: Die Arbeitsgemeinschaft der Religionen besteht seit zwölf Jahren. Unter anderem ist es dem Netzwerk zu verdanken, dass der „Engel der Kulturen“ nach Dietzenbach gekommen ist. Archiv Bild: Wittekopf

Dietzenbach – Was ist sozialer Frieden? Und was haben Religionsgemeinschaften damit zu tun? Diese Fragen standen im Vordergrund des Vortrages von Ulf Plessentin, Soziologe am Tikvah-Institut Berlin, im Kreishaus Dietzenbach. Dass sozialer Frieden zum einen eine friedliche Gemeinschaft meine, aber zum anderen einen Ausgleich zwischen Reich und Arm bedeute, erklärte Plessentin vor etwa 20 Zuhörern aus unterschiedlichen Gemeinden. Die Bedeutung von verschiedenen Religionsgemeinschaften und der Kontakt zwischen ihnen sei nicht zu unterschätzen. Denn laut der von Plessentin vorgestellten „Kontakt-Hypothese“ sei ein friedliches Zusammenleben ohne Vorurteile innerhalb und außerhalb der Gemeinden möglich, je öfter und intensiver diese miteinander in Berührung kämen.

Dabei sei es wichtig, dass alle Religionsgemeinschaften sich begegneten, sich zusammen hinsetzten, kennenlernten, vernetzten – und nach Gemeinsamkeiten statt nach Gegensätzen suchten. Dies bestätigt auch der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach (ARD), Horst Schäfer. Schließlich setze sich das Netzwerk aus allen Religionsgemeinschaften, abgesehen von den Zeugen Jehovas, seit zwölf Jahren vier bis fünf Mal im Jahr zusammen und arbeite an gemeinsamen Projekten.

„Ich muss feststellen, dass sich die Arbeitsgemeinschaft seit Jahren auch in den Statistiken positiv auf den sozialen Frieden auswirkt“, sagt Schäfer. Durch die gemeinsamen Treffen und Projekte, wie etwa das Friedensgebet, das einmal im Jahr stattfindet, werde der Zusammenhalt der Gemeinden in der Stadt größer.

Dass das friedliche Miteinander in Dietzenbach so gut gepflegt werde, lobt auch die Vikarin der Christusgemeinde Maria Wachter: „Ich finde, dass man hier ein Miteinander sucht.“ Sie empfindet es als wertvoll, dass die Religionsgemeinschaften in Kontakt seien und sich besuchten. So lerne man sich gegenseitig besser kennen und verstehen.

Im Hinblick auf das Christentum an sich betont Wachter hingegen, dass Anstiftung zum sozialen Frieden bereits in der zentralen Aussage „Liebe deinen nächsten wie dich selbst“ zu erkennen sei. Auch sie selbst predige gerne zu dem Thema und verdeutliche dabei, dass es wichtig sei, dass „wir respektvoll miteinander umgehen und jeden so nehmen, wie er ist“, betont die Vikarin.

Die Wichtigkeit des Zusammenhaltes innerhalb verschiedener Gemeinden betont auch Pfarrer Sudhakar Reddimasu von der Katholischen Pfarrgemeinde Sankt Martin. Alle drei Monate treffen sich Katholiken, Muslime und Protestanten, um gemeinsam zu diskutieren, zu beten, einander kennenlernen und zu schauen, was sie für alle Religionsgemeinschaften beitragen könnten, sagt Reddimasu.

Zusammenkommen, sich kennenlernen und von Vorurteilen verabschieden – das ist auch für die Gemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat ein Thema. Deswegen hatten am Tag der Deutschen Einheit Moscheen in ganz Deutschland ihre Türen für alle geöffnet. Auch in Dietzenbach wurde diese Tradition umgesetzt. „Damit Menschen uns kennenlernen können. Vor allem, wenn sie Vorurteile haben“, sagt der Ahmadiyya-Theologe.

Auch die Ditib-Gemeinde öffnet regelmäßig ihre Türen. Der Gemeindevorsitzende Aykan Aydin verdeutlicht allerdings: „Wir müssen uns noch mehr engagieren, dass die Dietzenbacher, die Berührungsängste haben, zu uns kommen und uns kennenlernen.“ Denn das sei die beste Gelegenheit, Vorurteile abzubauen. Weiterhin ist Aydin überzeugt, dass Religionsgemeinschaften ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelten, was ebenso zum sozialen Frieden beitrage.

Im Zusammenhang mit dem Vortrag von Ulf Plessentin kündigte Sandra Scholz, Pfarrerin des Evangelischen Dekanats, an, man überlege, den Bundeskongress der Räte der Religionen in zwei Jahren nach Dietzenbach zu bringen. Um den Zusammenhalt der Gemeinschaften noch weiter zu stärken.

Von Sylwia Golebiewska