Ferienrätsel lockt Ratefüchse in die Stadtbücherei Eine Aufgabe für Detektive

Bücherei-Leiterin Katja Richter bereitet jedes Jahr pünktlich zum Sommerferienbeginn das Rätsel vor. Bild: golebiewska

Heusenstamm – Penibel geordnete Bücher in den Regalen, bunte CDs und eine weiße Theke mit der lächelnden Bibliothekarin dahinter – auf den ersten Blick eine übliche Stadtbücherei. Doch in den Sommerferien verwandelt sie sich in einen Besuchermagneten und eine Oase für Hobbydetektive. Leiterin Katja Richter hat sich für die schulfreie Zeit nämlich eine besondere Aufgabe ausgedacht: das Ferienrätsel. Damit lockt sie nicht nur treue Bücherwürmer in die Räume an der Schloßstraße, sondern auch diejenigen, die ihren inneren Sherlock Holmes zufriedenstellen wollen.

Wann und wie Katja Richter auf die Idee zu ihrem Ferienrätsel gekommen ist, daran kann sich die Bibliothekarin nicht mehr genau erinnern. Fest steht: Aus dem Angebot ist inzwischen eine echte Tradition geworden, die Richter jedes Jahr neu auflegt und Hobbydetektive in und um Heusenstamm frohlocken lässt.

Das Rätsel-Abenteuer beginnt immer pünktlich kurz vor den Sommerferien und geht bis September. Ob Bücherwurm oder nicht – jeder kann in dieser Zeit zum Ratefuchs werden. Das Repertoire bietet für Detektive jeden Alters ein breites Angebot: Sie müssen unter anderem Fragen zu Büchern beantworten, Liebeslieder anhand von Symbolen erkennen, Kreuzworträtsel und Sudokus lösen oder ihr Wissen über Heusenstamm testen.

Ihre Inspiration holt sich die Leiterin aus dem Alltag. Bücher, Zeitschriften, Quizsendungen – die Quellen sind vielfältig. Wer sich an den Rätseln versucht, stellt schnell fest: Die grauen Zellen werden ordentlich gefordert. Für einen wahren Sherlock Holmes ist das aber eher eine Einladung als ein Hindernis. Denn jeder gute Detektiv weiß: ohne Fleiß kein Preis! Und ohne Recherche, Wissen, Freunde fragen und eine Tour in die Bibliothek gibt es auch keine richtigen Antworten. Bei manchen Aufgaben reichen allerdings auch diese Mittel nicht aus.

Das sei so gewollt, sagt Richter. Das Rätsel soll anstrengend sein und dabei Spaß machen. Geraten wird in Gruppen, allein oder als Familie. Sogar in Facebook- oder WhatsApp-Gruppen machen sich die Teilnehmer zusammen auf die Jagd nach den korrekten Antworten. Manche Gesichter tauchen auf der Suche nach den Lösungen jedes Jahr in der Bibliothek auf – sie sind echte „Wiederholungstäter“.

Doch auch neue Rätselliebhaber sind in der Bibliothek jederzeit willkommen, versichert Richter. Besonders Grundschulkinder nutzen die Gelegenheit, um in die Rolle des Detektivs zu schlüpfen. Zwar lassen sich viele Fragen durchaus auch alleine in den eigenen vier Wänden lösen. Ein Büchereibesuch ist früher oder später allerdings dennoch nötig. Denn viele Antworten verstecken sich in den dortigen Regalen oder bei Richter, die selbst Rätselliebhaberin und Bücherwurm ist. Verraten darf die Leiterin zwar nichts, einen Hinweis hat sie für die Hobbydetektive aber immer parat.

Die Abgabe der Lösungen erfolgt in der Bücherei. Auch der individuelle Preis muss dort persönlich abgeholt werden. Die Langeweile im Sommer zu vertreiben, sei aber nicht der einzige Grund für das Rätsel. Es soll Menschen zum Lesen bringen und sie in die Bücherei locken, meint Richter. „Es bringt durchaus etwas. Die Mühe lohnt sich“, animiert sie zur Teilnahme. Die Zahlen sprechen für sich: Mehr als 100 Ratefüchse strengen jährlich ihre Gehirnzellen an, um die kniffeligen Fragen zu lösen. Nicht jedem gelingt es dabei, alle richtigen Antworten zu finden. Belohnt wird die Mühe trotzdem, verspricht Richter. So erhalte jeder Teilnehmer ein Buch. Ein noch umfangreicherer Preis ist für den Gewinner gedacht – denjenigen, der alles richtig hat. Womit er oder sie belohnt wird, verrät Richter allerdings nicht.

Die größte Herausforderung? Da muss die Bibliothekarin nicht zweimal überlegen: Die Liebeslieder anhand von Symbolen zu erkennen. Da helfe selbst das Internet nicht. Unter anderem muss ein Lied anhand einer Zunge und zwei Pferden erraten werden. Auch hinter einer Spritze mit Blut und einem roten Herz versteckt sich ein Titel. Worte wie „Star“ oder „Zar“ in neue Begriffe umzuwandeln, kann einen ebenfalls zum Schwitzen bringen.

Richter beobachtet seit Jahren, wie sich ihr Einsatz auszahlt: Das Rätseln wird zu einem Hobby, das Menschen zusammenbringt und für eine volle Bücherei sorgt. Und gerade das sei das Schöne. „Letztendlich ist die Bücherei eine große Familie.“

Von Sylwia Golebiewska