Urteil im Werkzeugdiebstahlprozess nun endlich gefallen Angeklagter auf Bewährung verurteilt

Rechtsanwalt Ioannis Minas und sein Mandant, der mit einem blauen Auge davon kam. Foto: man

Mühlheim (man) – Vor kurzem mussten Richter Manfred Beck und Staatsanwalt Christian Dilg vor dem Amtsgericht in Offenbach so tun, als hätten sie alles vergessen. Der Prozess gegen den Angeklagten B., den Ermittler nach einen Wageneinbruch in Mühlheim gestellt hatten, musste komplett wiederholt werden, denn eine Hauptverhandlung darf nicht länger als drei Wochen unterbrochen werden. Weil das Gericht nicht ausschließen konnte, dass der 31-Jährige nur bei dem Diebstahl in Mühlheim mit von der Partie war, verhängten Beck und die Schöffen acht Monate Haft auf Bewährung. Im letzten Jahr hatte Verteidiger Ioannis Minas während eines Verhandlungstermins für den nächsten Prozesstag Zeugen angekündigt, die mit dem Angeklagten B. an einem Einbruchtag Karten gespielt haben sollen. Den Gerichtstermin versäumte sein Mandant jedoch. Dem 31-Jährigen war am Tag vorher eingefallen, in seiner griechischen Heimat eine Prüfung ablegen zu müssen. Beck erließ Haftbefehl, der später jedoch aufgehoben wurde.

Am 13. November 2016 stoppte die Polizei auf der Mühlheimer Straße in Offenbach einen Kleinlastwagen. Am Steuer saß B.; die Polizisten kannten seine beiden Begleiter. Im Inneren lag das Werkzeug aus dem eben aufgebrochen Wagen eines Dietesheimer Gärtners. Eine Nachbarin hatte Krach gehört und das Nummernschild notiert.

B. behauptet jetzt, von einem normalen Transport ausgegangen zu sein, bis er das Klirren einer Scheibe hörte und die beiden Männer Werkzeuge in seinen Wagen trugen. Ein Polizist sagt aus, er habe bei der Verhaftung den Eindruck gewonnen, dass B. wusste, auf was er sich einließ.

Staatsanwalt Christian Dilg klagt den B. für weitere Diebstähle ähnlicher Machart an, die er zusammen mit dem bereits zu 33 Monaten Haft verurteilten P. begangen haben soll. P. sagt aus, B. habe nicht nur an weiteren Brüchen teilgenommen, sondern sei auch stets beim Verkauf zugegen gewesen.

Der am 13. November 2016 ebenfalls verhaftete Dritte im Delinquentenbunde, der seine Strafe mittlerweile absaß, betont, niemals beim Verkauf durch P. dabei gewesen zu sein. Hier setzt Anwalt Minas an, dem es gelingt, dem Zeugen auf die Frage nach der prinzipiellen Glaubwürdigkeit des zwölffach vorbestraften P. ein „50 zu 50“ zu entlocken. Im Raum stehen zwei Daten, zu denen P. erklärt, B. sei mit ihm in Sachen Werkzeugdiebstahl unterwegs gewesen. Zu einem Zeitpunkt, genau einen Monat vor der Verhaftung auf der Mühlheimer Straße, will der Angeklagte mit dem Vater im Auto von Griechenland nach Offenbach gefahren sein. Normalerweise können sich Zeugen nach zwei Jahren maximal bruchstückhaft erinnern. Heute erlebt das Gericht eine außergewöhnliche Gedächtnisleistung von Mutter, Schwester und Vater des Angeklagten: Alle erinnern präzise, dass B. am 13. Oktober 2016 gegen Mittag in der elterlichen Wohnung eintraf.

B. wirkt wie ein angenehmer Nachbar. Auch den Aussagen des belastungseifrigen P. hört er gelassen zu. Die Ladung der früheren Arbeitskollegen, die für den 21. Oktober 2016 ein Kartenspiel zwecks Alibi bezeugen sollen, stellt sich als Schuss in den Ofen heraus. Beide erklären, ja, man habe sich einmal mit weiteren Leuten zum Grillen getroffen, aber keiner will sich auf ein Datum festlegen. Die Erinnerung reicht lediglich an ein „es war schönes Wetter, sonst hätten wir nicht auf dem Balkon gesessen“. Staatsanwalt Christian Dilg hatte 30 Monate Gefängnis gefordert, Verteidiger Ioannis Minas eine Geldstrafe von unter 90 Tagessätzen. Richter Beck und die Schöffen konnte nicht mit der nötigen Sicherheit sagen, ob der 31-jährige wirklich auch bei den Diebstählen außerhalb Mühlheims mitgemacht hatte. Deshalb kommt B. mit acht Monaten auf Bewährung davon.