Ehrenamtliche Arbeit findet oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt Bereitschaft und Überzeugung

Beim jüngsten Erzähl-Café im Kontakt-Werk ging es um ehrenamtliches Engagement. Unter anderem berichteten bei der Veranstaltung Frauen, die sich für Demenzkranke, Trauernde oder Bedürftige engagieren. Foto: Mangold

Mühlheim (man) – Madalina Draghici vom Referat Ehrenamt der Stadt hatte jüngst zum Erzählcafé ins Kontakt-Werk an der Ludwigstraße eingeladen. Karl-Heinz Stier, der Vorsitzende des Geschichtsvereins, befragte Mühlheimer, die sich ehrenamtlich um Bedürfnisse von Mitbürgern kümmern. Also jene, ohne die eine zivile Gesellschaft nicht wirklich funktionieren kann.

Karl-Heinz Stier fragt Christina Richter, was passieren müsste, dass sie im Lebensladen nicht mehr mitmache. Ohne Zögern antwortet sie, „wenn es mir keinen Spaß mehr macht“. Das ist einer der Unterschiede zwischen ehrenamtlicher und Erwerbsarbeit. Von der können sich nur die wenigsten verabschieden, wenn die Lust schwindet. Richter erzählt von den 80 Mitarbeitern des Lebensladens, in dem einmal die Woche bedürftige Mühlheimer für ganz kleines Geld Lebensmittel einkaufen können, „gegen Vorlage eines Nachweises“. Der wurde eingeführt, als auch pathologische Geizhälse den Lebensladen für sich entdeckten, „da fuhren welche im Mercedes vor“.

Karin Birkner engagiert sich für die „Herbstzeitlosen“ einmal in der Woche im Gebäude der Awo um Demenzkranke, ebenfalls kein Ehrenamt, um das sich viele reisen. Für den Umgang mit Menschen, die einem eventuell bereits nach einem kurzen Gang zur Toilette wieder vergessen haben, ist sicher nicht jeder geeignet. Wichtig sei es, sich generell respektvoll zu verhalten. Ein Satz wie, „das habe ich Ihnen doch gerade erklärt“, sei immer daneben. Es komme vor allem darauf an, den Betroffenen zuzuhören, sich etwa die Namen von Kindern und Enkeln zu merken, um nach ihnen zu fragen.

Patrizia Blazevic und Gertrud Zieringer kümmern sich um Sterbende und Hinterbliebene, etwa um trauernde Kinder, denen plötzlich ein Elternteil fehlt. „Letztlich agieren wir wie Seelsorger“, erklärt Zieringer, „auch wir bekommen Erlebnisse anvertraut, die wir für immer für uns behalten.“

Auch Thomas Weikert vom Kontakt-Werk sitzt mit Stier auf der Couch. Der Mann berät Leute, wie sich ehrenamtlich engagieren wollen. Weikert zeigt sich freudig überrascht, „wie sehr die Mühlheimer das Kontakt-Werk angenommen haben“.

Über Jahre war Ilse Müller ein prominentes Gesicht auf den Frankfurter Märkten an der Börse und am Bornheimer Uhrtürmschen, wo Müller am eigenen Stand Brot verkaufte. Als Rentnerin kümmert sie sich zusammen mit ihrem Gatten Otto Wagner um eine Kleinkindergruppe in der Flüchtlingsunterkunft an der Borsigstraße. Dadurch entstünden auch Kontakte zu den Eltern, die Müller bei Alltagsproblemen unterstützt, wenn es etwa um den Kontakt zu Behörden geht. Kein Engagement, das bei allen Begeisterung auslöst, „manche wirken, als hätten sie gerade das achte Weltwunder gesehen, wenn ich erzähle, was ich mache“. Die meisten hätten ohnehin keine Ahnung, mit was sich Flüchtlinge alles auseinandersetzen müssten.

Von Unkenntnis kann wohl auch Ingrid Till vom Mühlheimer Frauenbündnis ein Lied singen, davon, dass viele Männer sich in die Situation von Müttern nicht hineindenken können, die Kinder und Beruf nicht unter einen Hut bringen können. Till erzählt von Akademikerinnen, denen am Ende die Altersarmut droht, „weil sie aus dem Berufsleben fallen. Ein typisch deutsches Problem“.