Hessischer Städte- und Gemeindebund feiert 75. Geburtstag Von Demos und Überlastung

Lebendige Geschichte: HSGB-Geschäftsführer Harald Semler präsentiert den Gästen die ausgestellten Stücke. Bild: m

Mühlheim – In dieser Einrichtung haben nur die wenigsten Bürgerinnen und Bürger vorgesprochen. Höchstens an Altweiberfastnacht, wenn den Herren im Haus die Krawatten gekürzt werden, die Sonnau-Karnevalisten den Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) stellvertretend für alle Verwaltungshochburgen in Hessen stürmen. Seine Repräsentanten und einige Gäste stießen unlängst auf eine Ausstellung zur 75-jährigen Geschichte der Vereinigung an.

Harald Semler, einer von drei Geschäftsführern des Bundes, hob die enge Verbindung zur Mühlenstadt hervor.

Vor dem Bezug der Anlage an der Henri-Dunant-Straße 1966 residierte der HSGB nämlich bereits im damaligen Rathaus (heutiges Stadtmuseum), Vorsitzender war Mühlheims Bürgermeister Anton Dey. Ihm war wichtig, dass der Gemeindetag, wie der Vorläufer hieß, ein freiwilliger Zusammenschluss der Kommunen ist. Und das kam an: In kürzester Zeit hatte Dey fast alle im Land für sein umfassendes Projekt gewonnen.

„Wie ein Espresso“ sei die Schau gestaltet, warb Semler, „geschmackvoll, interessant und neugierig machend“. Sie dokumentiere den demokratischen Aufbau nach dem Krieg, ergänzte Markus Röder. Der Bürgermeister von Hofbieber ist der 1. Vizepräsident des HSGB und wies auf dessen Bedeutung hin, „waren die Kommunen doch die ersten Einheiten, die wieder funktionierten“. 1947 fand die erste Generalversammlung in Treysa statt, was seit Anfang der 1970er-Jahre zu Schwalmstadt gehört.

„Heute Bürgermeister – morgen Insolvenzverwalter“, steht auf einem Schild, das bei einer Demonstration vor dem Landtag getragen wurde. Damit protestierten die Mitglieder des HSGB für mehr finanzielle Unterstützung für die Aufgaben der Kommunen durch Bund und Land. Die Aktionen führten oft dank des geschlossenen Auftretens zum Erfolg. „Unsere Herausforderung ist die Tatsache, dass viele Kommunen überlastet sind“, stellte Röder fest und forderte die „Abschaffung bürokratischer Hemmnisse“. Bernd Klotz, beim HSGB verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit, weist zudem auf die vielfältige Bevölkerung der Wohnstätten sowie den Erhalt von Gestaltungsmöglichkeiten in der Lokalpolitik hin und lenkte den Blick zudem noch einmal auf Anton Dey. Er war auch Kreis-Politiker und saß im Landtag, konnte also dort die Erfahrungen und Bedürfnisse der Basis einbringen. Zusammen mit seinem Neu-Isenburger Kollegen gab er den Anstoß zur Gründung des kommunalen Spitzenverbands.

„Gab es 1969 noch 2 642 Gemeinden in Hessen, waren es am 1. August 1979 nur noch fünf kreisfreie Städte und 421 Gemeinden“, zitierte Klotz von einer der Tafeln im Erdgeschoss. Die Reduzierung resultierte aus der Zusammenführung von bis dahin selbstständigen Orten. Die verlief allerdings nicht immer glücklich, wie die Retortenstadt Lahn zeigte. Sie wurde schlussendlich wieder in die Städte Gießen und Wetzlar aufgelöst.

Von Michael Prochnow