Bündnis „Bunt statt braun“ informiert über rechte Netzwerke „Es gibt Parallelen zu Weimar“

Warnen vor rechten Netzwerken: „Bunt statt braun“-Sprecher Tim Hainz (links) und der Referent Dieter Bahndorf vom VVN sind besorgt über enge Kontakte im rechtsextremen Milieu. Bild: Mangold

Mühlheim – Unter der Überschrift „Rechte Netzwerke bekämpfen - Demokratie verteidigen!“ hatte das Mühlheimer Bündnis „Bunt statt braun“ am Montag zu einen Informationsabend ins Kulturzentrum Schanz eingeladen. Der Frankfurter Dieter Bahndorf, aktiv in der SPD und in der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN), referierte über die aus seiner Sicht nach rechts driftende Entwicklung in der Gesellschaft – und er zog dabei auch Parallelen zur Weimarer Republik.

„Gegen rechts“ rufen seit Wochen bundesweit Parteien, Kirchen, Verbände, Unternehmen und andere gesellschaftlich relevante Gruppen zu Demonstrationen auf, an denen sich Zehntausende Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Auslöser der Protestbewegung war ein Treffen geladener Gäste aus dem rechtskonservativen Milieu. Dort referierte der Österreicher Martin Sellner nach Auskunft von Anwesenden und den Recherchen des Journalisten-Netzwerks „Correctiv“ am 25. November 2023 in einem Hotel in Potsdam über das Thema „Remigration“. Sellner agierte bis vor Kurzem in Österreich als Sprecher der „Identitären Bewegung“, die der Verfassungsschutz als rechtsextrem einstuft und nachrichtendienstlich überwachen darf.

Zur Begrüßung betonte Bündnis-Sprecher Tim Hainz (Die Partei), das Potsdamer Treffen habe gezeigt, wie sich mittlerweile die bürgerliche Mitte mit dem rechten Rand vermische. Bei dem Treffen seien Vertreter aus der Wirtschaft und CDU-Mitglieder der „Werteunion“ zugegen gewesen. Bahndorf erklärte, als er von dem Treffen hörte, habe er zunächst gedacht, der Inhalt des Vortrags von Sellner sei doch nichts Neues. Schließlich habe der AfD-Politiker Björn Höcke schon zuvor in einem Buch von „wohltemperierten Grausamkeiten“ geschrieben, die nicht zu vermeiden seien, wenn es gelte, zwischen 15 und 20 Millionen Menschen aus dem Land zu werfen.

Ebenso habe Höcke in einer Rede zum 3. Oktober 2022 gegen ein „Regenbogen-Imperium“ gewettert, hinter dem letztlich die USA stünden, genauer gesagt, das „Ostküstenkapital“. Der Begriff gelte als antisemitischer Code.

In der AfD gebe es zwar pro forma einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit den rechtsextremen Identitären, dennoch habe auch der damalige persönliche Referent der Parteivorsitzenden Alice Weidel am Potsdamer Treffen teilgenommen, ebenso wie ein Bauunternehmer, der Besitzer einer Backwarenfabrik oder ein wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilter Neonazi.

Bahndorf zieht Parallelen zur Weimarer Republik. So habe der „Hamburger Nationalclub“ den NSDAP-Vorsitzenden Adolf Hitler 1926 zu einer Zeit ins Hotel Atlantic eingeladen, als diese Partei noch eine unbedeutende Rolle spielte. Anders habe sich das im Januar 1932 verhalten. „Hitler sprach damals vor dem Industrie-Club Düsseldorf, auch um die antikapitalistische Rhetorik der Nazis vor den Wirtschaftsvertretern gerade zu rücken“. Damals habe Hitler in seiner Rede die Demokratie mit Zerstörung gleichgesetzt. Hochkulturen seien aus den Prinzipien Leistung und Autorität entstanden. Bahndorf ist besorgt, dass mittlerweile sechs Prozent der Bundesbürger der Abschaffung der Demokratie das Wort redeten und die Herrschaft nur einer Partei präferierten.

Der Referent erinnerte auch an einen Auftritt des AfD-Politikers Andreas Lichert bei der „Frankfurter Tafelrunde“, eines 1953 gegründeten konservative Gesprächskreis mit Mitgliedern aus dem Akademiker- und Wirtschaftsmilieu. Der hessische AfD-Vorstandssprecher Lichert gehöre dem „Flügel“ seiner Partei an. Die Polizei, so Bahndorf, habe dieses Treffen in einem Lokal am Römer vor Teilnehmern einer zeitgleichen Demonstration gegen rechts geschützt, indem sie behauptete, in der Gaststätte tagten lediglich Messegäste.

Eine Frau aus dem Publikum fragte den Referenten, wie man diejenigen ansprechen könne, die sagten, in diesem oder jenem Punkt habe die AfD durchaus recht, „auch wenn sie gewiss keine Faschisten sind“. Für Bahndorf ist bezeichnend, dass deutlich weniger Frauen als Männer die AfD wählten. Denn die meisten Frauen wüssten, „dass, wenn die AfD dran wäre, ihre Rechte beschnitten würden“.

Von Stefan Mangold