Botanische Wanderung des Nabu-Mühlheim Naturschützer erkunden die Flora im Lämmerspieler Wald

Der Biologe Eric Martiné führte die interessierte Gruppe gekonnt über die Lämmerspieler Wiesen und Felder. Foto: nj

Mühlheim (nj) – Es ist schon lange her, dass sich die Mitglieder des NABU-Mühlheim getroffen und eine gemeinsame Wanderung durchgeführt haben. Durch die aktuellen Kontaktbeschränkungen war es schlicht nicht möglich eine größere Gruppe durch den Wald zu führen. Vergangenen Sonntag haben sich dann endlich 15 begeisterte Naturschützer getroffen und sind unter fundiertem Expertenwissen von dem Biologen Eric Martiné durch den Lämmerspieler Wald und über den Gailenberg an verschiedensten blühenden Pflanzen vorbeigekommen und konnten Fragen zu diversen Arten stellen.

Der Startpunkt an diesem nassen Sonntag war der Waldparkplatz an der Steinheimer Straße zwischen Lämmerspiel und Steinheim. Pünktlich um neun Uhr haben sich dann die NABU-Mitglieder unter gewisser Distanz und teilweise mit Maske auf den Weg gemacht.

Gleich nach dem Überqueren der Straße an diesem frühen Sonntagmorgen hat Eric Martiné, Biologe und Mitglied im Naturschutzbund, den ersten Halt eingelegt. Eigentlich eine Stelle, wie sie überall im Wald vorkommt, doch der 24-jährige Biologe fragte in die Runde, wie viele Arten denn auf so einem kleinen Fleck am Wegesrand im Wald existieren können. Mehr als zehn Arten war die Antwort und es kamen auch gleich Erklärungen zu ihnen. Die auffälligste Pflanze ist die Brennnessel. „Sie ist Nährstoffzeiger Nummer eins“, erklärte der Biologe und fügte hinzu, dass dieser Fleck sehr nährstoffreich ist. Gleich daneben wächst der Wald-Ziest, der mit den Brennnesseln schnell verwechselt werden kann, doch der geübte Griff gibt schnell Aufschluss, denn es brennt nicht. Vorbereitet haben sich die Organisatoren für die Wanderung nicht. „Wenn es eine Frage gibt, einfach fragen und nicht gleich rausreißen“, hieß es in der Einleitung mit einem kleinen Lächeln im Gesicht. Weiter über den Lämmerspieler Kulturweg blieb die Gruppe etwa alle zehn Meter für Fragen über Gräser, blühende Pflanzen und Bäume stehen. Das fundierte Wissen von dem Biologen, der sich gerade im Master befindet, ist genau auf solche Wald- und Wiesenflächen spezialisiert und nicht nur die Bestimmung der Art geht wie aus der Pistole geschossen, sondern auch die lateinischen Bezeichnungen und die Gattungen. Fehlte es bei einer Art an Wissen, war ein Buch mit Pflanzen schnell griffbereit und vor Ort konnte direkt die Art bestimmt werden.

Mit in der Gruppe waren auch NABU-Mitglieder, die sonst andere Exkursionen führen, wie zum Beispiel Wilfried Mann, der die Vogelstimmenwanderungen betreut. „Wilfried was zwitschert da?“, fragt einer aus der Gruppe. Die Antwort kam ebenso schnell wie die Bestimmungen der Pflanzen. Es war ein Zaunkönig.

Der Waldboden von normalen Misch- und Laubwäldern blüht am häufigsten im Frühjahr, denn dann ist das Blätterdach des Waldes noch nicht verschlossen und der Boden bekommt für diesen Vorgang noch genug Sonne und Wasser ab. Wasser gab es im Wald nach den Regenfällen genug, genauso wie sehr viele Mücken. Es war schon ein kleines Klatschkonzert der Wanderer, die in regelmäßigen Abständen die Mücken von den Armen und aus dem Gesicht klatschten.

Angekommen am Waldrand des Kulturweges fragt Martiné an einem bewirtschafteten Feld, wer gerne Brot isst und weiß was hier wächst. Als Antwort haben sich alle auf Roggen geeinigt und dazu noch die Information bekommen, dass pro Stelze der Roggenpflanze etwa mit zwei Gramm zu rechnen ist. Eine beliebte Frage an diesem Sonntag war, ob die Kamillenpflanzen, die häufig am Wegesrand zu finden war, echte oder unechte Kamille ist. Deshalb pflückten die Mitglieder immer wieder einzelne Blüten und haben sie in der Hand zerrieben und in der Mitte auseinandergerissen. Ist die Blüte hohl, ist es die Echte und gibt einen gewohnten Kamillengeruch wieder. Der nächste Halt war vor einer in Europa typisch auftretenden Wiese. Die sogenannte Glatthaferwiese ist die am häufigsten vorkommenden Wiese in Europa. Dabei ist eine solche Fläche immer ein Produkt der Bewirtschaftung des Menschen. „Normalerweise wäre hier Wald“, bekommt die Gruppe zu hören. Entlang der Wiese entfernte sich die Wanderer vom Waldrand Richtung Gailenberg. Hier war zu erkennen, dass die üppigen Wiesen und Pflanzen immer karger und weniger artenreich wurden. Der Wald spendet eben Nährstoffe und Wasser, doch durch den immer sandigeren Boden, wie er auf der Binnendüne am Gailenberg zu finden ist, werden die Pflanzen kleiner und es wachsen Arten, die dieser Bodenbeschaffenheit angepasst sind. Einer der letzten Punkte der Wanderung ist, wie Eric Martiné es beschreibt, ein Kaleidoskop an Farben auf einer Wiese. Die Farbpalette dieser Gräser reicht von Silber, über rosa-rot zu lila, grün bis hin zu braun. Auf dieser Wiese war das Bergsandglöckchen zu finden, was auf der Roten Liste steht. Also eine Art die verschollen oder gefährdet ist. Doch im Ökosystems des Gailenberg fühlt sich eben diese Pflanze sehr wohl und hat nur dort einen stabilen Bestand. Nach rund drei Kilometern durch Wiesen und Wald endete die botanische Wanderung wieder am Ausgangspunkt. Eine Wanderin bedankte sich besonders und sagte zum Schluss: „Meine Erwartungen wurden übertroffen.“