Vortrag über „Foodsharing“ im Unverpackt-Laden Vermeidbare Verschwendung

Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist nur eine Empfehlung: Im Unverpackt-Laden berichtet Nico Hauser aus der Praxis der Lebensmittelindustrie und dem Ansinnen der Foodsharing-Initiative.

Mühlheim – Karotten wegwerfen, weil sie zu lang sind? Kartoffeln in den Container, weil einzelne aufgeschlagen sind? Gurken beseitigen, weil ihre Krümmung nicht der Norm entspricht? Einzelhändler taten bis vor Kurzem gut daran, Obst und Gemüse zu entsorgen, das nicht der jeweiligen Norm der Europäischen Union entsprach. Ließen sie die Ware im Regal, riskierten sie empfindliche Strafen, informierte Nico Hauser von der Initiative Foodsharing.

Die Aktiven vom „Lebensmittel-Teilen“ haben sich auf die Fahnen geschrieben, zu vermeiden, dass Essbares in die Tonne kommt. So vermitteln sie tagtäglich vermeintliche Abfälle von Supermärkten allein mit dem Ziel, dass sie nicht vernichtet werden, erläutert der Referent im Unverpackt-Laden an der Bahnhofstraße. Dabei lassen die Ehrenamtlichen den Tafeln und anderen Versorgern bedürftiger Menschen stets den Vortritt. „Welche Banane würden Sie essen?“ Hauser zeigt drei Versionen der Tropenfrucht, eine in gleichmäßigem Gelb, eine mit braunen Flecken auf der Schale, die letzte mit einer recht dunklen Hülle. Sie taugt oft noch zum Kochen, lehrt der Experte, während Erstere Magenbeschwerden verursachen könne, weil sie nicht reif sei. Aber so soll sie im Geschäft Käufer gewinnen!

„35 Prozent der Äpfel verlassen den Bauernhof nicht, weil sie nicht dem beworbenen perfekten Aussehen gleichen“, gibt Hauser weitere Beispiele für eine zweifelhafte Erwartungshaltung. „Manchmal muss eine ganze Palette weggeschmissen werden, weil die Auszeichnung fehlt“, erklärt der Mann von der Offenbacher Foodsharing-Gruppe. Dann stellt er klar, was es mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) auf sich hat. Es handle sich nur um eine Empfehlung, „ich kann da drauf schreiben, was ich will“. Eine sinnvollere Kennzeichnung wäre die englische Version „best before“, die ein „Perfektionsdatum“ beschreibt. Unverpackte Ware müsse kein MHD tragen. Hauser und die Initiative raten zum „Auge-Nase-Mund-Test“. Kundin oder Kunde soll die Ware in Augenschein nehmen, dran riechen und eventuell kosten. „Unglaublich wichtig“ sei das Verbrauchsdatum, das angibt, bis zu welchem Tag ein Verzehr möglich sei.

Eine Missachtung dieser Grenze könne „tödlich sein oder schwerste Krankheiten verursachen“, warnt der Referent. Sie werde bei rohem Fleisch, Fisch und Milchprodukten angewandt. Um die Vernichtung von Lebensmitteln zu vermeiden, rät der Sprecher zum Einkauf mit Zettel, um nichts mitzunehmen, was dann daheim verdirbt.

Foodsharing wurde vor zehn Jahren gegründet, unter den 500 000 Mitgliedern sind etwa 100 000 „Retter“. Sie plädieren auch für kurze Wege, das Mineralwasser aus Bad Vilbel dem aus China vorzuziehen. Auch der heimische Leinsamen sei besser als der angesagte Chia-Samen aus Fernost. Von den eingeflogenen Erdbeeren bleibe die Hälfte am Airport – zu weich!

„Unser Umgang mit Lebensmitteln verändert das Bewusstsein für ihren Wert“, versichert der Aktive. Als Umweltorganisation unterliegen sie nicht den strengen Regeln der Verkäufer, verdeutlicht der Teiler, Haftung müssen sie trotzdem übernehmen. Arbeit bereite aber noch das Trennen der Abfälle. So werden zahlreiche Helferinnen und Helfer für verschiedene Arbeitsschritte benötigt, um gute Lebensmittel vor der Vernichtung zu retten.
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Info

foodsharing.de