Zum Neujahrsempfang im Schloss Bellevue in Berlin Waltraud Kaiser trifft den Bundespräsidenten

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.) empfängt Waltraud Kaiser anlässlich eines Neujahrsempfangs im Schloss Bellevue (l. Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten). Foto: Steffen Kugler

Mühlheim (m) – Seit 50 Jahren engagiert sie sich nicht einfach ehrenamtlich, nein, Waltraud Kaiser ist die Antriebsfeder einer guten Nachbarschaft, für eine lebenswichtige Operation und vielleicht auch für die Fähre. Ihr Durchsetzungsvermögen und ihre unkonventionelle Art, mit Initiativen Menschen zusammenzuführen und Probleme zu beseitigen, hat sich bis in die Staatskanzlei in Wiesbaden herumgesprochen. Dort suchten sie Hessen, die sich über das übliche Maß hinaus in der Gesellschaft einsetzen. Sie sollten zum Neujahrsempfang des Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue nach Berlin eingeladen werden. Neben der emsigen Mühlheimerin wurden 73 Gleichgesinnte aus der ganzen Republik aufgerufen. Der Aufenthalt in der Hauptstadt begann am Vorabend des Empfangs mit einer Schlossführung, erzählt die Frau aus dem Franzosenviertel. Danach haben sie den Ablauf des Festakts mit allen Details durchgesprochen, wie die Geladenen aus dem Nebenzimmer eintreten und sich gegenüber dem Staatsoberhaupt verhalten sollen. Waltraud Kaiser überreicht ihm „Eine Stadt wehrt sich erfolgreich“, eine Dokumentation, die sie mit Dr. Sigmund Drexler und Thomas Schmidt über den erfolgreichen und ersten Volksentscheid verfasst hat, der 2005 mit 97 Prozent Zustimmung die Privatisierung der Stadtwerke verhindert hat. 1972 trat die Frau vom Main in die CDU ein. 20 Jahre saß sie im Vorstand der Frauen-Union, zehn Jahre im Führungsgremium des Stadtverbands. 14 Jahre war sie Stadtverordnete, davon zwölf Jahre Vorsitzende des Sozialausschuss und vier Jahre stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Sie saß im Kuratorium der Sozialstation und der Bürgerhaus GmbH, gehört diesem Gremium bis heute im Verein „Rettet Kinder - Rettet Leben“ an, ferner dem Beirat der Lebenshilfe für Stadt und Kreis Offenbach, die sich ebenfalls um Menschen mit Behinderungen kümmert. Stolz berichtet Waltraud Kaiser vom Kampf für die herzkranke Senada. Mit dem Druck der Medien gelingt es ihr 1991, dass die bosnische Schülerin mit Mutter und Schwester einreisen darf, gewinnt mit einer Spendenaktion die benötigten 40 000 D-Mark für die Operation, setzt aber auch durch, dass die Familie wieder nach Hause fährt. 1993 hebt die Assistentin in der kieferorthopädischen Praxis ihrer Tochter den Förderverein des Friedrich-Ebert-Gymnasiums mit aus der Taufe, ’94 gehört sie zu den Gründern des Präventionsrats, leitete den Arbeitskreis Sicherheit und trug Projekte gegen Gewalt mit. Nach wie vor organisiert Waltraud Kaiser Aktivitäten unter dem Motto „Nachbarn schützen Nachbarn“, stellt stolze Feste, Fachreferate und Stammtisch-Treffen auf die Beine. 1996 war sie beim Start der Bürger- und Seniorenhilfe dabei. Die Fähre wieder in Fahrt zu bringen sei „nur ohne Parteipolitik möglich, dann machen die Leute auch mit“, ist sich die aktive Mühlheimerin sicher. Aus Hessen würdigte Steinmeier auch einen Arzt aus Gießen, der ein Pallitativ-Team für Kinder und Jugendliche aufgebaut hat, einen Stadtführer aus Darmstadt, der sein Salär einer Kinderklinik spendet, und eine Malteserin aus Marburg, die sich in der Kleiderkammer engagiert. Der Gastgeber lobt in seiner Tischrede seine Besucher, weil sie „ihre Kleinstadt beleben, indem sie andere mit ihrer positiven Lebenseinstellung anstecken. Und weil sie überall Menschenwürde, Weltoffenheit und Toleranz gegen Anfechtungen verteidigen“. Die Nacht mit wenig Schlaf und die Tage voller Aufregung haben sich gelohnt, findet Waltraud Kaiser. „Ich habe viele interessante Leute kennengelernt“, sagt sich und nennt die Rollstuhlfahrerin aus Rheda-Wiedenbrück. Sie und ihre Kinder leiden an mehreren unbekannten Krankheiten. Über ein Netzwerk macht sie Betroffenen in der ganzen Welt Mut. „Ich habe gleich eine Mitgliedschaft in ihrem Verein unterschrieben“, das gehört zu dem „einmaligen Erlebnis, das man wohl nur einmal im Leben hat“.