KOLPINGELFER Zwei ausverkaufte Sitzungen begeistern Ballaballa reimt sich auf Narrhalla

Im fastnachtlich geschmückten Saal von St. Konrad muss das Publikum bei beiden Sitzungen der Kolpingelfer nicht groß dazu animiert werden, sich in Stimmung zu schunkeln. Hier ein Eindruck vom vergangenen Sonntagmittag. Bild: Peter Klein

Offenbach – „Ich darf mich vorstellen, ich bin der Elferrat.“ Mit dieser großzügigen Untertreibung eröffnet Ur-Kolpinger Thorsten Haag die Mittagssitzung der katholischen Fastnachter. Unruhe kommt deswegen nicht auf: Der Rest des Gremiums ist sehr wohl zugegen, findet indes keinen Platz auf der Bühne im Saal von St. Konrad. Da passen 99 Närrinnen und Narrhallesen rein, halb so viele wie ins abgerissene Kolpinghaus. Demzufolge ist die Stimmung doppelt so gut.

Eng ist gemütlich, da passt das Auftaktlied: „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ setzt den Grundton für gefühlt 3,33 Stunden (plus Zugaben) ausgelassenen Frohsinns. Das Publikum bei der Reprise der Vorabendgala ist älter, indes nicht minder feierfreudig. Kolping – hallau!

Es ist ein Brauch seit alter Zeit: Wo sich Ballaballa reimt auf die Narrhalla, da sind die Kolpinger nicht weit. Ihrem traditionellen Ruf als sprachlich geschliffenste der lokalen Spaßschaffenden werden sie in jeder Nummer gerecht.  mt

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Für Gardetänze reicht der Raum schlicht nicht, so machen sie das Beste draus. Das beginnt mit dem Protokoll. Ob Ukraine- oder Gaza-Krieg, Bauernproteste oder Eisenbahnerstreik, Ampel in Berlin oder Groko in Wiesbaden, Gemaa-Gewaltiger Jürgen Kofink packt heißeste Eisen an, ohne sich die Finger zu verbrennen. Trefflicher Kommentar zur Wiederwahl von Oberbürgermeister Felix Schwenke: „Nur Stroh-Rum hat mehr Prozent!“

Wo gibt’s das sonst, dass im eigens empfohlenen Magazin zur Kampagne, „Jokus“, Rezepte abgedruckt sind? Sie passen zum lustigen Auftritt Thomas Issers und Luis Haags als kalauerfreudige Köche aus der Sternegastronomie. Das macht Appetit auf mehr, und es folgt mehr.

„Das kann doch nicht mein Jahrgang sein!“ Erschreckende Erkenntnisse zum Thema Altern teilt Roland Deiss von der Mühlheimer Sonnau mit manchen Anwesenden. Diese Tragik erlebt auch Kolpinger Eberhard Wernig: Wenn du in den Spiegel schaust und der sich wegdreht, isses aus...

Newcomer der Sitzung ist Elias Haag, wenig überraschend Sohn des Elferpräsidenten und seiner Frau Felicitas, lederanische Regentin 1994. „Es muss Jugend in die Bütt“, findet der 13-Jährige, seit seinem fünften Lebensjahr im Elferrat. Und legt ein fulminantes Debüt hin, das nicht mit Seitenhieben auf die Alten spart, den Papa eingeschlossen. Der nimmt’s mit Humor und nicht ohne Stolz.

Fürs Aufwärmen sorgen die eingestreuten Mitschunkel-, Mitsing- und Mittanzrunden, befeuert von Ein-Mann-Band Mr. Big T alias Herr Kapello, fürs Einwohnermeldeamt Thorsten Schmitz (Th. Haag: „Der schönste Vorname der Welt“).

Sowie die legendäre, sagenumwobene, herrliche Kolping-Boygroup, die Randstaajodler: Mit Ohrwürmern zu Flaaaschworscht mit drei a und Äppelwoi bringen der Gitarrengott und Stimmschönling Thorsten Haag, der für 33 Jahre seit 1988 – Achtung – mit dem Moriskentänzer geehrte Quetschkommodenkönig Paul Stenzel sowie der Bassbomber Stefan Weisrock die Meute zum Mitsingen in bewundernswerter mundartlicher Textsicherheit.

Fleischwurst mit Kartoffelsalat sowie Getränke nach Wahl serviert auch das Service-Team in Kolpingschürzen, womit es sich Sonderbeifall verdient. Diese Leistung weiß auch das Prinzenpaar des Offenbacher Karnevalvereins, Daniel I. und Ricarda I., hochgnädiglich zu würdigen.

Ende einer Legende, von den bis dahin feierfreudigen Gästen mit langem, offenem „Ooohhh“ bedauert: Zum bestmöglichen Zeitpunkt steigt Wolfgang Braun aus der Bütt. „Drei Schnapszahlen im Lebenslauf – wer hat das schon? Ich hör jetzt auf.“ Also wenn es am schönsten ist, 77 Jahre jung, 55 Jahre aktiv, Differenz 22 Jahre. Und zum Abschied hat Braun die optimale Entscheidung getroffen: ein „Best of“, wie das auf Neudeutsch heißt, seiner Reden aus ruhmreicher Vergangenheit. Hier sind sie wieder, der blaue Ortspolizist mit Blaulicht, der Bademeister am Baggersee, der am Bieberer Berg Geblitzte. Da lacht mancher ein zweites Mal!

Als „Meister seines Fachs“ würdigt Haag den Scheidenden zu seinem „Jubiläum der Superlative“. Bloß blöd, dass Braun alle Ehrenbezeugungen der Kolpingelfer bereits besitzt. Hilfsweise erhält er eine Bildersammlung und ein mit Vereinslogo besticktes Ruhekissen. Und Ovationen im Stehen zum Ende einer in dieser Region beispielarmen Karnevalistenkarriere!  mt