Rundgang zeigt Arbeiten von Bühnenbild bis Materialdesign Drei Tage voller Kunst

„Nachgestellte Bilder“: Die Objektfotografie lockte beim 24. HfG-Rundgang in den Westflügel der Hochschule.

Offenbach – Kunst an allen Ecken und Enden: Wer die Hochschule für Gestaltung (HfG) in der Schloßstraße 31 in Offenbach betritt, ist unmittelbar gefangen in einer Welt der Darstellung. Das gilt umso mehr für den Rundgang, die jährliche Veranstaltung zum Ende des Sommersemesters, in dem die rund 800 Studierenden ihre Arbeiten des vergangenen Jahres zeigen. Zum 24. Mal hatte die Akademie dazu eingeladen. „Manchmal weiß ich gar nicht, ob da tatsächlich einfach nur ein Mülleimer steht, oder ob es sich um eine künstlerische Ausdrucksform handelt“, sagt Besucherin Katrin Keim angesichts der Fülle der Werke.

In den unzähligen Beispielen aus den verschiedenen Lehrgebieten wie Typografie, elektronische Medien, Design in allen Facetten, Fotografie, Film oder Bühnenbild greifen die jungen Frauen und Männer immer wieder gesellschaftliche Fragestellungen auf.

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Es geht um Demokratie, Verkehrswende, Körperkult, Konsum, Klima. Die verwendeten Materialien und Darstellungsarten sind individuell, Erklärungen gibt es kaum, der Betrachter muss aus eigener Anschauung heraus den Zugang finden.

Dabei gibt es durchaus Anreize, etwa in einem kleineren Raum, ausgefüllt mit weißer Folie und Netzen, die von der Decke hängen. Erinnert die Installation anfangs an einen Snoezelraum, einen Therapieraum, der beruhigend wirken soll, regen Licht und Musik mit der Zeit den Gedankenstrom an.

Immer wieder wird sichtbar, dass die Verbindung von analogen und digitalen Themen aktuell den Alltag der jungen Kunstschaffenden bestimmt. Wobei sich trendmäßig die Auseinandersetzung mit den Prozessen des Handgefertigten in den Mittelpunkt des Schaffens verlagert. Fotos entstehen wieder mit analogen Kameras, Skulpturen mit den herkömmlichen Gussverfahren.

Zum Thema E-Medien im Fachbereich Kunst hat Lena Blaschke eine fast grafische großformatige Darstellung in Schwarz-Weiß geschaffen. Nur bei genauem Hinschauen offenbaren sich einzelne Worte, genannt ist das Werk „out of sight – out of mind”. Am oberen Rand ist der Titel mithilfe von Infrarot-Leuchtdioden, die in der Handykamera sichtbar werden, in Brailleschrift abgebildet. Dabei sind die Besucher gefordert, die einzelnen Bestandteile selbst zu entdecken. „Ich möchte keine Beeinflussung vornehmen, der Betrachter soll aktiv mit der Kunst umgehen“, sagt Blaschke. Indes betont sie zugleich ihre gesellschaftliche Kritik. So nehme man die Dioden kaum wahr, aber auch die Nicht-Sehenden sehe man nicht. „So artikuliere ich in meiner Kunst die soziale Ungleichheit.“

Eher amüsant, wenn auch nicht gerade als leichte Kost, zeigt sich das Fotoprojekt „nachgestellte Bilder“. In dem zugrunde liegenden Kurs geht es um Technik, um Licht, den Ort der Darstellungen und die Handlungen. So wird aus dem berühmten „Men at Lunch“ von Charles C. Ebbets eine Taktikbesprechung von Sportlern auf dem Schwebebalken, die Liebenden von René Magritte wandeln sich zu einem Duo mit Papiertüten über dem Kopf. Ein paar Räume weiter zeigt Johann Rambow einen Teil des Projektes „Und Offenbach“, mit dem HfG-Studierende kürzlich mitten in der Stadt einen Ort geschaffen hatten, der den Austausch der Passanten fördern sollte. Gebaut hat Rambow dafür Tische und Bänke mit Fotos aus unterschiedlichen Quartieren Offenbachs.

Abrundung findet die dreitägige Ausstellung mit einer Flut an Kreativität unter anderem in Werkstudien mit Zeichnungen von Blüten und Blättern und in Arbeiten zu einzelnen Materialien und klassischen Techniken. Den großen Bogen um die gigantische Schau schlagen die Cross-Media-Night auf dem Schlossplatz, eine Art Freiluft-Club, und die große Open-Air-Filmnacht. In der Tradition, die junge Kunst auch an andere Orte der Stadt zu bringen, sind ebenso im ehemaligen Saturn-Gebäude und in der Zollamt-Galerie zahlreiche Werke, Installationen und Performances zu sehen.

Von Barbara Scholze