In den unzähligen Beispielen aus den verschiedenen Lehrgebieten wie Typografie, elektronische Medien, Design in allen Facetten, Fotografie, Film oder Bühnenbild greifen die jungen Frauen und Männer immer wieder gesellschaftliche Fragestellungen auf.
Mehr auf Seite 2
Es geht um Demokratie, Verkehrswende, Körperkult, Konsum, Klima. Die verwendeten Materialien und Darstellungsarten sind individuell, Erklärungen gibt es kaum, der Betrachter muss aus eigener Anschauung heraus den Zugang finden.
Dabei gibt es durchaus Anreize, etwa in einem kleineren Raum, ausgefüllt mit weißer Folie und Netzen, die von der Decke hängen. Erinnert die Installation anfangs an einen Snoezelraum, einen Therapieraum, der beruhigend wirken soll, regen Licht und Musik mit der Zeit den Gedankenstrom an.
Immer wieder wird sichtbar, dass die Verbindung von analogen und digitalen Themen aktuell den Alltag der jungen Kunstschaffenden bestimmt. Wobei sich trendmäßig die Auseinandersetzung mit den Prozessen des Handgefertigten in den Mittelpunkt des Schaffens verlagert. Fotos entstehen wieder mit analogen Kameras, Skulpturen mit den herkömmlichen Gussverfahren.
Zum Thema E-Medien im Fachbereich Kunst hat Lena Blaschke eine fast grafische großformatige Darstellung in Schwarz-Weiß geschaffen. Nur bei genauem Hinschauen offenbaren sich einzelne Worte, genannt ist das Werk „out of sight – out of mind”. Am oberen Rand ist der Titel mithilfe von Infrarot-Leuchtdioden, die in der Handykamera sichtbar werden, in Brailleschrift abgebildet. Dabei sind die Besucher gefordert, die einzelnen Bestandteile selbst zu entdecken. „Ich möchte keine Beeinflussung vornehmen, der Betrachter soll aktiv mit der Kunst umgehen“, sagt Blaschke. Indes betont sie zugleich ihre gesellschaftliche Kritik. So nehme man die Dioden kaum wahr, aber auch die Nicht-Sehenden sehe man nicht. „So artikuliere ich in meiner Kunst die soziale Ungleichheit.“
Eher amüsant, wenn auch nicht gerade als leichte Kost, zeigt sich das Fotoprojekt „nachgestellte Bilder“. In dem zugrunde liegenden Kurs geht es um Technik, um Licht, den Ort der Darstellungen und die Handlungen. So wird aus dem berühmten „Men at Lunch“ von Charles C. Ebbets eine Taktikbesprechung von Sportlern auf dem Schwebebalken, die Liebenden von René Magritte wandeln sich zu einem Duo mit Papiertüten über dem Kopf. Ein paar Räume weiter zeigt Johann Rambow einen Teil des Projektes „Und Offenbach“, mit dem HfG-Studierende kürzlich mitten in der Stadt einen Ort geschaffen hatten, der den Austausch der Passanten fördern sollte. Gebaut hat Rambow dafür Tische und Bänke mit Fotos aus unterschiedlichen Quartieren Offenbachs.
Abrundung findet die dreitägige Ausstellung mit einer Flut an Kreativität unter anderem in Werkstudien mit Zeichnungen von Blüten und Blättern und in Arbeiten zu einzelnen Materialien und klassischen Techniken. Den großen Bogen um die gigantische Schau schlagen die Cross-Media-Night auf dem Schlossplatz, eine Art Freiluft-Club, und die große Open-Air-Filmnacht. In der Tradition, die junge Kunst auch an andere Orte der Stadt zu bringen, sind ebenso im ehemaligen Saturn-Gebäude und in der Zollamt-Galerie zahlreiche Werke, Installationen und Performances zu sehen.
Von Barbara Scholze