Verein sucht dringend neue Fahrer Ehrenamt bei der Tafel Offenbach verlangt einiges an Muskelkraft

Christine Sparr, die Vorsitzende der Tafel Offenbach, vor einem der Lieferwagen. Sparr gehörte vor 14 Jahren zu den Initiatoren der Organisation. Fotos: Mangold

Offenbach (man) – „Wer bei uns am Lenkrad sitzt, der kann sich das Geld fürs Fitnessstudio sparen“, sagt Christine Sparr, die Vorsitzende des Tafel Offenbach e.V. Die Tafel sucht Fahrer, die sich ehrenamtlich zweimal in der Woche ans Steuer eines der Lieferfahrzeuge setzen, und Sparr möchte nicht verschweigen, dass dieser Job anstrengend werden kann.

Das weiß auch Wolfgang Stoppel, in Bieber stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins und vor allem als Leadsänger bei Festen bekannt. Der Dienst des schlanken Rentners beginnt morgens um 7.45 Uhr an der Schloßmühlstraße in Bieber, wo Tafel-Leiterin Sparr die Schlüssel übergibt. Stoppel erzählt von bis zu 16 Stationen, die er an einem gewöhnlichen Morgen bis zwölf Uhr anfährt, was noch die kleinste Übung darstellt. Wenn Sparr sagt, „die Tafel steht und fällt mit ihren Fahrern“, dann meint sie auch deren Muskelkraft und einen möglichst gesunden Rücken. Wenn Stoppel Supermärkte, Tankstellen und Bäckereien anfährt, dann verstaut er an einem normalen Tag rund 45 Kisten, hievt im Schnitt eine halbe Tonne in den Transporter, den die Tafel stellt. Wenn ein Fahrer ausfällt, dann wird es knapp, dann übernimmt Christine Sparr das Steuer. Sie ist als Sozialarbeiterin bei der Starthaus GmbH angestellt.

Die 48-jährige engagiert sich seit der ersten Stunde in der Offenbacher Tafel, die vor 14 Jahren mit der Arbeit begann. Bis zum vergangenen Jahr hing man organisatorisch mit der Frankfurter Tafel zusammen. Sparr kennt auch alle Stammkunden, die entweder dienstags in der Ausgabestelle an der Krafftstraße oder mittwochs an der Neusalzer Straße Lebensmittel für einen Euro abholen.

Sie erzählt von den unterschiedlichsten Lebenswegen, die Menschen dahin bringen, zumindest zum Teil vom Amt leben zu müssen und zur Tafel zu gehen. Da ist der selbstständige Architekt, den ein Tumor stoppte, da erscheint außerdem die habilitierte Universitätsdozentin, die sich mit den Honoraraufträgen nicht mehr über Wasser halten konnte. Sparr erwähnt auch Simon (Name geändert), den „heimlichen Chef der Tafel“. Der 64-Jährige gehört zu denen, die gleichzeitig Kunden und Mitarbeiter sind.

Die Geschichte, wie es Simon einst aus der Bahn warf, hört sich ähnlich an wie die von den vielen Lottogewinnern, die das Glück der richtig getippten Zahlen am Ende ins seelische und materielle Elend führte.

Simon verdiente im Ruhrgebiet gutes Geld bei einem Automobilhersteller, bis er das Angebot einer hohen Abfindung annahm und es sich dann erst einmal gut gehen ließ. Er reiste durch die Welt und genoss es, wenn Frauen seine großzügige Art zu schätzen wussten. Am Ende landete er in der Obdachlosigkeit, begleitet von seinem Hang, weit mehr zu trinken, als jemand aushalten kann. Sparr erzählt, wie es Simon mit der Hilfe der Tafel nicht nur schaffte, wieder eine Struktur in seinen Alltag zu bekommen, sondern auch mit dem Trinken aufzuhören. „Für uns ist einer wie Simon nicht zu ersetzen“, sagt sie.

Auch wenn es mittlerweile sogar in Städten wie Starnberg oder Baden-Baden eine Tafel gibt, spielt die karikative Organisation in Offenbach natürlich eine weit größere Rolle als in den meisten Kommunen der Republik. Sparr erzählt, bei 280 Kunden habe man in der Ausgabestelle an der Krafftstraße einen Aufnahmestopp setzen müssen.

Die Offenbacher Tafel beliefert auch die Ausgabestelle der katholischen Kirchengemeinde von St. Marien an der Bieberer Straße. Was die Fahrer bei den Geschäften abholen, lässt sich in den Supermärkten zwar nicht mehr verkaufen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Aber eine Tube Senf, die zwei Wochen drüber liegt, kann genauso wenig schlecht sein wie eine Packung Nudeln. Was am Ende etwa an Gemüse ins Angebot kommt, sortieren die Mitarbeiter der Tafel noch einmal vor.

Wer die Tafel als Fahrer unterstützen kann, meldet sich bei dem Koordinator Michael Gaubatz unter Telefon 0151 24101080.

Weitere Artikelbilder