Alles abgesagt: Auch in Bürgel wird es keinerlei närrisches Treiben geben „Wir Fastnachter sind zäh“

Weihnachten statt Fastnacht: Raga-Vorsitzender Tobias Stephan und Christiane Schwab von der Frauenfastnacht konnten sich ganz auf die besinnliche Zeit konzentrieren. In anderen Jahren stecken sie sonst mitten in den Sitzungs-Vorbereitungen. Foto: vS

Offenbach – Es hätte so schön werden können. Schunkeln, Lachen, Singen, Zusammensein: ohne Abstand und Maske, aber mit einem sichern Gefühl, denn alle wären geimpft oder genesen – und zusätzlich getestet gewesen. Unter Einhaltung der 2G-Plus-Regel wollten die Bürgeler Ranzengarde (Raga) und Frauenfastnacht im Februar wieder richtig Fastnacht feiern mit närrischen Sitzungen und Partys. Und zum krönenden Abschluss sollte wieder der Umzug durch die Straßen Burgillas rollen. Doch aus all dem wird nichts. Sämtliche Veranstaltungen sind wegen Corona abgesagt.

„Uns bleibt keine andere Wahl – moralisch, organisatorisch –, das erschließt sich jedem, der ein bisschen Verantwortung trägt“, teilt Raga-Vorsitzender Tobias Stephan mit. Dem stimmt „Burgilla“ Christiane Schwab, Chefin der Frauenfastnacht, zu: „Man muss sich der Realität und Verantwortung stellen. Auch wenn es traurig ist. Wir haben alle ein paar Tränchen vergossen.“ Zumal die Planungen abgeschlossen waren, das Programm vorbereitet, die Nummern einstudiert. „Wir haben ja schon das Jahr davor pausiert“, erklärt Schwab. „Alle Abteilungen wollten dabei sein, alle Gruppen haben fleißig geprobt.“ Die Zuversicht und Vorfreude waren groß, dass es diesmal was wird.

Als dann feststand, dass mit den steigenden Infektionszahlen neue Regelungen einhergehen, habe man allerlei Konstellationen überlegt, sämtliche Szenarien durchgespielt: „Selbst das Wirtschaftliche hätten wir außer Acht gelassen“, sagt Stephan. Man habe erwogen, nur eine Veranstaltung zu machen. Doch am Ende entschieden sich die Verantwortlichen für die komplette Absage. „Die Leute wollen Spaß haben, und wir wollen ihnen Spaß bereiten. Wie soll das gehen mit 1,50 Meter Abstand und Maske?“ Fastnacht lebe von der Gestik und Mimik, von Geselligkeit und Unbeschwertheit.

„Ich sage immer, es ist ein Kontaktsport“, so der Raga-Vorsitzende. Gerade jetzt wäre es so wichtig und wohltuend gewesen, auf andere Gedanken zu kommen, Leute zu sehen, den Kopf frei zu machen.

Mehr auf Seite 5

Dass die Menschen sich danach sehnen, sei ganz deutlich geworden. „Wir hatten bereits 550 Karten verkauft“, berichtet Christiane Schwab. „Davon 300 Karten sogar schon vor dem Kampagnenstart am 11.11.“ In einer Telefonaktion riefen die Frauen nun die Käufer an, um abzusagen. „Die Enttäuschung bei den Leuten ist groß.“

Aus diesem Grund haben sie überlegt, eine Alternative auf die Beine zu stellen – im Rahmen der Möglichkeiten. „Eine kleine mobile Fastnachtssitzung“, sagt Schwab und kann schon wieder lachen. „Wir vergeben Termine, kommen zu den Leuten ans Haus, bringen Kreppel und Sekt mit. Dann halten wir einen kleinen Vortrag, singen was vor. Das Ganze zum Preis von 11,11 Euro.“

Das Jubiläums-Sommerfest der Frauenfastnacht von 2020 steht noch aus und soll in diesem Jahr stattfinden. Auch sonst planen beide Vereine für den Sommer Freiluft-Veranstaltungen mit fastnachtlichen Einlagen als kleinen Ausgleich für die ausgefallene Kampagne. Doch, so heben Stephan und Schwab hervor, ist dann nichts mit Orden, Kappen, Insignien und Gut-Stuss-Ahoi-Rufen. Die Fastnachtszeit sei nun mal vom 11. November bis Aschermittwoch – und nicht darüber hinaus, wenn es gerade passe.

Danach, zur nächsten Session, hoffen alle wieder auf mehr Normalität. Zwar sei bisher kein Vereinsmitglied abgesprungen. „Aber es wird schwerer, die Leute bei der Stange zu halten“, sagt Stephan. Besonders die Kinder leiden unter der Zwangspause, die sie viel länger wahrnehmen als Erwachsene. „Sie wollen sich darstellen, auf der Bühne stehen“, weiß Schwab. Das Kinderprinzenpaar ist frisch inthronisiert – Veranstaltungen stehen keine an. „Wir sprechen uns mit anderen Vereinen ab. Unter diesen Umständen macht keiner was.“

So üben die Frauen im kleinen Kreis weiter, bei der Raga steht im neuen Jahr ein internes Ordensfest an und die Vorstandssitzung, bei der die Lage neu beurteilt werden soll. „Wir Fastnachter sind zäh, wir halten durch“, sagen Schwab und Stephan übereinstimmend. „Und danach wird alles umso schöner...“Infos im Internet: raga-buergel.de frauenfastnacht.com

VON VERONIKA SCHADE