GEMEINSAME STADTWACHE Nur Beratung und Halbtags-Streife Minimale Kooperation

Ursprünglich als gemeinsames Revier von Stadt- und Landespolizei gedacht: die Stadtwache. Ab April kann man sich dort immerhin von einem Schutzmann beraten lassen. Eine Anzeige kann aber nicht aufgegeben werden.

Offenbach – Es ist amtlich. Nur ein Schatten ist übrig geblieben vom ehemaligen Vorzeigeprojekt einer gemeinsamen Stadtwache, in der Ordnungs- und Landespolizisten gemeinsam Dienst schieben. Schon zu Beginn der vergangenen Woche waren die Abspeckpläne der Polizei durchgesickert. Doch das, was danach bei der Magistratspressekonferenz von Oberbürgermeister Felix Schwenke, Stadtrat Paul-Gerhard Weiß und dem Leitenden Polizeidirektor Stefan Kaaden vorgestellt wurde, gleicht nicht nur dem Ergebnis eines Abspeckplans, sondern ist das Resultat einer Radikal-Diät.

Einen echten Polizeirevierbetrieb wird es dort nun nicht geben. Stattdessen sitzt ein sogenannter Schutzmann vor Ort stundenweise an einem Schreibtisch und wartet auf Bürger, die sich beraten lassen wollen. Voraussichtlich ab dem 1. April ist der Polizist jeweils montags, dienstags, mittwochs und freitags von 9 bis 13 Uhr und donnerstags von 14 bis 18 Uhr dort anzutreffen. Anzeigen soll er aber nicht aufnehmen, sondern die Menschen mit ihrem Anliegen ans Polizeirevier am Spessartring verweisen. Ausnahmen wolle man wenn überhaupt nur für „die Oma mit dem Rollator machen“, sagt Polizeidirektor Stefan Kaaden bei der Pressekonferenz. Allerdings erst, als Schwenke ihn explizit auf solche Ausnahmen hinweist. Zum Schutzmann vor Ort kommt eine vom Polizeipräsidium abgeordnete Streife, die zusammen mit der Stadtpolizei durch die City patrouillieren wird – täglich sechs Stunden, eine halbe Schicht. Mal tags, mal nachts. Die Dienstgruppenleiter würden das je nach Lage täglich neu entscheiden, erklärt Kaaden. Man nehme es aber nicht so genau, versichert er. „Das können auch mal acht sein.“ Wie man es auch dreht: Mit dem einstigen Plan, sieben Landespolizisten neben der Stadtpolizei in der Wache zu stationieren, hat das nur wenig zu tun.

Zwar bemühen sich sowohl Felix Schwenke als auch Paul-Gerhard Weiß um Haltung. Beide müssen jedoch zugeben, vom Rückzieher der Landespolizei kalt erwischt worden zu sein. Während Schwenke ganz diplomatisch nicht von Enttäuschung reden will, räumt Weiß unumwunden ein: „Als ich das erfahren habe, war ich im ersten Moment schon enttäuscht.“ Beide sind sich aber auch einig, im Angesicht der Umstände, das Beste aus der Kooperation zwischen Stadt- und Landespolizei herausgeholt zu haben. Was wohl auch daher rührt, dass die Landespolizei sich mit 50 Prozent an der Stadtwachenmiete beteiligt, obwohl dort stundenweise nur ein einzelner Schreibtisch genutzt wird.

Brisant wird es, als Stefan Kaaden auf Nachfrage zugeben muss, selbst auch von der Absage der bisherigen Pläne kalt erwischt worden zu sein. „Das hat nicht in der Entscheidungshoheit des Polizeipräsidiums Südosthessen gelegen“, formuliert er vorsichtig, während die Beteiligten im Raum scheinbar wohlwissend nicken.

Immerhin: Alle Beteiligten können trotz aller Streichungen der vorgestellten Minimal-Kooperation offenbar etwas Positives abgewinnen. Weiß: „Die gemeinsame Stadtwache wird die Abstimmung und Vernetzung zwischen den Beamtinnen und Beamten der Stadt- und der Landespolizei weiter stärken.“ Und Schwenke: „Mir ist wichtig, dass die Menschen in der Innenstadt auch mal tatsächlich Polizistinnen und Polizisten zu Fuß persönlich sehen.“ Das sei unter den jetzigen Umständen gegeben. Stefan Kaaden sieht gleich auch noch die Chance, über Bewerbungen, Eignungsauswahlverfahren und Studium bei der personalgebeutelten Polizei zu informieren, man brauche schließlich Nachwuchs.

Ganz so einfach will man die Polizei im Rathaus dann aber wohl doch nicht davonkommen lassen. Ein halbes Jahr lang, so kündigt es Schwenke an, würde die Arbeit des Schutzmanns vor Ort und die in der Wache aufgelaufenen Begehren der Bürger dokumentiert. Danach wolle man gegebenenfalls nachverhandeln, wenn es einen Bedarf gibt– diesmal aufgrund harter Daten.

Von Christian Reinartz