Nedelmanns werfen einen Blick auf die 80er Jahre Zeitreise zurück zur Spielshow „Wetten, dass..?“

Auch Jahrzehnte später noch in aller Munde: die spektakuläre Buntstift-Wette bei „Wetten, dass...?“

Urberach – Im Wohnzimmertheater der Nedelmanns gibt’s wieder eine Premiere. Schon der Titel „Wetten, dass...“ löst Erinnerungen aus – die meisten wohl an überlange Familienfernsehabende mit einem Gläschen leichten Weißweins und etwas Knabberzeug auf dem heimischen Sofa. Erinnerungen möchte Oliver Nedelmann mit seiner neuesten Eigenproduktion auslösen. Schon der Blick auf den Vorhang hinter der Wohnzimmerbühne löst Assoziationen aus, die jeder heute nicht mehr ganz junge Mensch nachvollziehen kann: Zauberwürfelfarben und -kästchen. Dazu passt die Handlung: 31.12.1979. Herr Gotta (Oliver Nedelmann) probiert sich am Bleigießen; im Hintergrund die Melodie von „Dinner for one“. Honnecker, Breschnew, Carter, Tour de France durch Rödermark, Reinhold Messner, Ayatollah Khomeini, die Sommerzeit – über vieles räsoniert Herr Gotta in diesem Moment, was kurz vor und auch erst Jahre nach diesem Silvesterabend kommen wird. Im Hintergrund begrüßt ein Feuerwerk die 80er Jahre, die in der nächsten guten Stunde ausgesprochen und unausgesprochen über den Gästen im Wohnzimmer hängen. Frau Braun (Friederike Nedelmann) spielt dem Bühnenpartner die Bälle zu – von der wunderbaren Diskussion um Radrennfahrer oder Rennradfahrer (bei der Tour durch die erst künftige Stadt Rödermark) über die Gespräche um Anrufbeantworter und Commodore 64. Vorndran natürlich die in dieser Zeit besonders ausgeprägte Ost-West-Beziehung mit vielen ganz persönlichen Assoziationen der Nedelmanns auf ihre eigene Geschichte, die dem Zuhörer den Atem stocken lässt, aber doch in dem Satz endet: „Auf die schönste Vereinigung zweier Deutscher!“ Der geneigte Theatergast wird schon allein die Musik genießen – eine Hitparade jener Jahre –, wird aber auch zwischen Atem anhalten, Tränen verdrücken und befreitem Lachen minütlich hin- und hergerissen sein.

Vor allem der im Laufe des Stückes zunehmende Bezug auf Rödermark ist gelungen. Vom mehrfachen Auftritt des Advokaten Roland Kern bis zur aktuellen Brandschutzabnahme durch das Ordnungsamt (Pulver oder Schaum?)

Es ist ein ausgesprochen lebendiger und sehenswerter Rückblick auf die 80er Jahre und die Zeit darum herum – durchaus auch mit Ausläufern bis zur heutigen Ukraine-Katastrophe.

Das Stück, das Oliver Nedelmann bereits vor fünf, sechs Jahren im Kopf hatte, ist nun Hals über Kopf in den letzten Monaten zu einem lebendigen Rückblick geworden.

Wer jetzt Lust dazu bekommen hat: Die nächsten Aufführungen gibt’s am 29. und 30 April oder am 13. und 14. Mai. Alles zu lesen unter www.theater-und-nedelmann.de. Das Haus ist dank eines Lifts mittlerweile behindertengerecht. Karten gibt’s unter z 06074 4827616.  
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