„Großeinsatz“ unterm Strommast Kleiner Storch, große Probleme

Ein blauer Plastikstab hat sich im Schnabel des Jungstorches festgeklemmt. Bild: privat

Flörsheim (red) – Als Bernd Zürn vom BUND Flörsheim am Mittwoch vor einer Woche gegen 7.50 Uhr am „Einsatzort“ eintraf, erwarteten ihn dort schon der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Dieden-bergen Jannis Baumann mit seinem Stellvertreter Kevin Friedemann und Feuerwehrmann Nils Pluns. Auch mehrere Vertreter des Stromversorgers SYNA standen mit ihren Fahrzeugen einsatzbereit unter dem

Hochspannungsmast. Und das aus gutem Grund: Gemeinsam wollten sie verhindern, dass ein junger Storch verhungert.

Doch wie war es dazu gekommen? Aufmerksame Spaziergänger hatten beobachtet, dass in einem Storchennest auf diesem Mast vier junge Störche waren. Einer von ihnen trug im Schnabel einen etwa 25 Zentimeter langen bläulichen Gegenstand. Offensichtlich ein Plastikstab, der verhinderte, dass der Kleine die angeschleppte Nahrung aufnehmen konnte. Die Befürchtung: Ohne fremde Hilfe würde er verhungern müssen.

Unter der Regie der Leitstelle des Main-Taunus-Kreises waren am Tag vorher innerhalb weniger Stunden rund zwei Dutzend Helferinnen und Helfer an diesem Mast versammelt: Freiwillige Feuerwehr Diedenbergen, SYNA, Naturschützer, Höhenretter. Sogar ein Rettungsfahrzeug des DRK. Der Plan: Die Leitung stromlos machen und den Unglücksraben durch einen Höhenretter nach unten bringen.

Dort sollte ihn Bernd Zürn begutachten und über seine weitere Behandlung entscheiden. Wegen des für den Abend erwarteten Unwetters wurde diese Aktion dann auf Mittwochmorgen verschoben.

Vor dem eigentlichen Einsatz am Mittwochmorgen schauten die Helfer mit ihren Ferngläsern noch einmal nach oben in das Nest. Deutlich zu sehen waren ein Elternteil sowie alle vier Jungen. Dann die große Überraschung: Keiner der Kleinen hatte einen Stab im Schnabel. Ungläubiges Staunen. Was jetzt? Klarheit brachten die Fotos, die ein Mitarbeiter der SYNA dann von der Spitze des Mastes machte. Von dort oben hatte er einen guten Einblick in die Kinderstube von Familie Adebar.

Und siehe da: Der blaue Stab lag – deutlich sichtbar – im Nest neben den Jungtieren. Offensichtlich konnte sich der Ärmste selbst davon befreien. Seinen Eltern traut Zürn eine solche „intellektuelle Leistung“ nicht zu. Trotzdem jubelte Bernd Zürn in diesem Moment erleichtert. Kein Wunder: Seit Wochen erreichen ihn ständig Hiobsbotschaften über tote Störche. In diesem Jahr sind es jetzt schon zwanzig. „Das sind aber nur die, die tatsächlich gefunden wurden. Es sind meistens erwachsene Störche, die bei ihren Kämpfen um Partner und/oder Nistplätze durch Stromüberschläge sterben“, weiß der BUND-Aktivist.