Lichte Dunkelheit

Felix Semmelroth (von links, Klara Kletzka und Andreas Heinecke feiern mit den Gästen das zehnjährige Bestehen des Dialogmuseums. Foto: Faure

Ostend (jf) – Kein purer Zufall war einst der Eröffnungstermin des Dialogmuseums: Am Vorabend des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung, der seit 1992 am 3. Dezember begangen wird, begrüßte 2005 eine ungewöhnliche Einrichtung in der Hanauer Landstraße 137 ihre ersten Besucher.

„Wenn Du all Deine Sinne nutzt, wirst Du noch so viel mehr verstehn. Dialog. Gib doch nicht gleich auf, nur weil dieser Sinn Dir fehlt! Auch ohne Optik gibt’s viel Schönes und Licht in dieser Welt“, heißt es in der Hymne der Band „Blind Foundation“, die sie extra zum zehnjährigen Bestehen der Einrichtung komponiert hat. „Ein wunderbares Geschenk“, freute sich die geschäftsführende Gesellschafterin Klara Kletzka.

Zur Geburtstagsfeier in der vergangenen Woche war auch Kulturdezernent Felix Semmelroth gekommen: „Historisch gesehen sind zehn Jahre keine sehr lange Zeit. Aber die Arbeit des Teams verdient Respekt, denn über 750 000 Besucher sind eine beachtliche Zahl für diese außergewöhnliche Einrichtung.“ Man könne täglich beobachten, dass Realität und Bilder immer mehr ineinander verschwimmen – die „Smombies“ (Jugendwort des Jahres 2015; bezeichnet Menschen, die nur noch auf ihr Smartphone starren. Anm. d. R.) bekämen nichts mit vom tatsächlichen Geschehen um sie herum. „Ein Besuch im ‚Dialog im Dunkeln’ dagegen schärft alle Sinne außer dem Sehen“, betonte der Stadtrat.

Die „Ausstellung zur Entdeckung des Unsichtbaren“, wie über dem Eingang zum Parcours steht, sei spannend, bildend. „Und sie passt gut ins Ostend“, fügte Semmelroth hinzu. Die Mitarbeiter könnten mit Stolz und Freude auf zehn Jahre zurückblicken, es gebe die begründete Zuversicht, dass auch das 20-jährige Bestehen gefeiert werden könne, erklärte der Dezernent. „Wir hoffen darauf, dass die Stadt unsere Leistungen anerkennt“, entgegnete Klara Kletzka.

„Von mir können sogar 30 Jahre reflektiert werden – mein halbes Leben“, sagte der Gründer von „Dialog im Dunkeln“, Andreas Heinecke. Für ihn war die Einarbeitung eines Blinden im Südwestfunk 1988 der Schlüssel. „Es war ein Zufall. Ich erkannte, welche Fähigkeiten dieser Mann hatte und wollte diese Erkenntnisse auch anderen Menschen vermitteln“, erinnerte sich Heinecke. So entstand aus einfachsten Mitteln wie Eierkartons zum Abdichten, Kassettenrekordern und einer Bar aus Bierkästen 1988 die erste Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Stiftung Blindenanstalt in der Adlerflychtstraße.

„Heute ist ‚Dialog im Dunkeln’ in 180 Städten und 39 Ländern zu finden. Das war damals unvorstellbar“, äußerte der Gründer, „Mut war notwendig, Zuspruch und Engagement.“ 2005 kehrte der ‚Dialog im Dunkeln’ an seine Ursprünge zurück, das Dialogmuseum wurde eröffnet. 176 benachteiligte Menschen wurden in zehn Jahren im Haus beschäftigt und qualifiziert, 40 von ihnen erhielten eine Festanstellung in anderen Unternehmen.

An Durststrecken und Rückschläge wie die Schließung des Kommunikations-Casinos und des Restaurants „Taste of Darkness“ im April 2013 mag Kletzka am Jubiläumstag nicht denken. Im Gegenteil sie schaut nach vorn, will „ihr“ Dialogmuseum stärken, versucht, weitere Sponsoren zu begeistern.

Zurzeit steht vor dem Eingang in den Dunkelparcours ein besonderer Adventskalender: Wer bis zum 22. Dezember eine Führung unter der Telefon 069 90432144 bucht und mit etwas Glück im Dunkeln einen Schlüssel zu einem Türchen findet, kann auf ein wunderbares Geschenk hoffen.