Eröffnung mit acht prominenten Vorlesern Siebtes Festival: Frankfurt liest gemeinsam ein Buch

Die prominenten Vorleser: Johnny Klinke, Maja Klostermann, Sonja Vandenrath, Dieter Graumann, Stefan Wolff, Franziska Nori; Autor Dieter David Seuthe, die Verleger Anya Schutzbach und Rainer Weiss, Willy Praml. Fotomontage: Faure

Nordend (jf) – Viele Besucher waren in der vergangenen Woche in die Deutschen Nationalbibliothek gekommen, um beim Start des siebten Festivals „Frankfurt liest ein Buch“ mit gleich acht Vortragenden dabei zu sein.

Ute Schwens, Direktorin des Hauses, begrüßte die Gäste: „ ‚Frankfurt liest ein Buch’ bietet einen wunderbaren Anlass, miteinander ins Gespräch zu kommen – quer durch alle Bevölkerungsschichten.“ Kulturdezernent Felix Semmelroth bemerkte: „Der Saal ist voll – das stimmt zuversichtlich. Und ein massiver Besucherrückgang bei den folgenden rund 80 Veranstaltungen ist erfahrungsgemäß nicht zu befürchten.“

Der Stadtrat verwies auf Parallelen: Die Protagonistin in Dieter David Seuthes Roman „Frankfurt verboten“, Elise Hermann, sei wie Paul Hindemith von Aufführungsverboten in der NS-Zeit in Frankfurt betroffen gewesen. Verleger Rainer Weiss, weissbooks.w, erklärte, dass der Roman eine Antwort auf die Frage versuche, wie es zu solch unmenschlichem Verhalten während des NS-Regimes kommen konnte. Weiss sei in den letzten Wochen manchmal angesprochen worden, warum es noch ein Buch über diese Zeit geben müsse. Es sei doch schon so viel darüber geschrieben worden. „Es muss sein. Ein schonungsloser Umgang mit der Vergangenheit ist notwendig“, sagte der Verleger. „In der vergangenen Nacht kam es auch in Frankfurt wieder zu nazistischen Schmierereien. Allen sollte bewusst sein: Die Spaßgesellschaft ist vorbei, wir müssen wieder politischer werden.“

Willy Praml führt ins Buch ein

Theaterchef Willy Praml führte in das Buch ein. Elise Hermann und ihre an Grauem Star leidende Großmutter Louise werden vorgestellt. Louise hatte als fünfjähriges Mädchen noch Clara Schumann und Johannes Brahms sowie die „schwedische Nachtigall“ Jenny Lind bei einem Konzert erlebt und in Erinnerung und Verehrung für die berühmte Pianistin ihre Tochter, Elises Mutter, Clara genannt.

Die Schülerin Maja Klostermann setzte fort und las von der Idee eines ersten Konzerts von Elise Hermann, um damit Geld für eine Augenoperation ihrer geliebten Großmutter Louise zu sammeln. Tigerpalast-Direktor Johnny Klinke trug die erste wichtige Begegnung zwischen Elise und der engagierten Sozialdemokratin Rosa Bamberg vor.

Autorin Monika Held schilderte das Benefizkonzert und dessen Störung durch die Hitlerjugend. Dieter Graumann, ehemaliger Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, las von Elises erstem Besuch in Frankfurt. Elise freute sich über den Schimmel-Flügel bei den Bambergs, bei denen sie als Stipendiatin an Dr. Hoch’s Konservatorium wohnen würde. Wirtschaftsjournalist Stefan Wolff zitierte aus einem Brief Elises an die Großmutter, in dem die Klavierstudentin vom Leben in Frankfurt und von Dr. Hoch’s Konservatorium berichtet. Literaturreferentin Sonja Vandenrath trug die Passage vor, in der sich Elise auf ihr Wettbewerbskonzert in Konstanz vorbereitete. Wenige Tage vor dem Konzert stirbt Elises Großmutter Louise. Doch das Konzert lässt Elise nicht ausfallen - Louise hätte ebenso gewollt, dass sie spielte.

 „Es bewegt mich noch immer“

Franziska Nori, Direktorin des Frankfurter Kunstvereins, schloss mit der Schilderung einer Demonstration am 3. Februar 1933 gegen den Abbau der Demokratie. Am 5. März 1933 stimmten 44,1 Prozent aller Frankfurter für die NSDAP – 0,2 Prozent mehr als im Reichsdurchschnitt. Eine Woche später bei den Kommunalwahlen kam die NSDAP sogar auf 47,7 Prozent.

Nach dieser Einstimmung trat der Autor Dieter David Seuthe, der das Buch seinem vierjährigen Enkel Remmi gewidmet hat, ans Pult: „Ich habe das Buch vor vier Jahren geschrieben, es bewegt mich noch immer.“ Den Inhalt brachte er in einem Satz auf den Punkt: Beruf, Heimat, Liebe, Leben – alles verboten. „Gegenwärtig sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht – strecken wir ihnen unsere Hände aus“, schlug Seuthe eine Brücke zur Gegenwart.