Großes Paulskirch en-Bürgerfest vom 18. bis 21. Mai / Kapuziner Bruder Michael im Interview Zum 175. Jahrestag der deu tschen Demokratie Part I

Die Paulskirche steht für Demokratie und Gerechtigkeit: Mit dem Hashtag „Say their Names“ wurde in der Altstadt der neun Opfer des rechtsextremen Anschlags auf Bürger mit Migrationshi ntergrund am 19. Februar 2020 in Hanau gedacht. Bild: Drusche

Altstadt (jdr) – Frankfurt ist ein ganz besonderer Ort für die deutsche Politik: In der Mainmetropole steht die Paulskirche, die sogenannte „Wiege der Demokratie“. Und die wird in diesem Jahr 175 Jahre alt. Wenn das mal kein Grund zum Feiern ist! Ein großes Bürgerfest wird deshalb vom 18. bis 21. Mai veranstaltet, um die Paulskirche im Herzen der Frankfurter Altstadt sowie natürlich die Demokratie gebührend zu ehren. Auf Römerberg, Paulsplatz, Weck- und Hühnermarkt sowie Domplatz und Mainkai sind Veranstaltungen zum Thema geplant.

Die Paulskirche war 1848 der Tagungsort der ersten deutschen Nationalversammlung. Die ersten gewählten Volksvertreter zogen feierlich in die Räumlichkeiten der Kirche ein, die erst 1833 als evangelisch-lutherische Hauptkirche der Stadt geweiht worden war. Als Sitz des gesamten deutschen Parlaments bot sich der elliptische Bau aus Rotsandstein an, weil er der modernste und auch größte Saal in Frankfurt war. Und so wurde dort die erste demokratische Verfassung für Deutschland von der Nationalversammlung erarbeitet.

Demokratie bedeutet Volksherrschaft, die Bürger sind also die oberste Staatsgewalt und entscheiden in politischen Belangen durch den Mehrheitswillen. Dass diese Herrschaftsform in Frankfurt geschaffen wurde, macht die Stadt stolz, denn sie sorgt für die Einhaltung von Menschenrechten, für Liberalität und Meinungsfreiheit. Im Gegensatz zu einer Diktatur haben bei einer demokratischen Gesetzgebung alle volljährigen Bundesbürger ein Mitbestimmungsrecht.

Internationale Woche der Demokratie

Nachdem das Parlament aufgelöst wurde, gab es in der Paulskirche nationale Gedächtnisfeiern, heute werden auch Menschen geehrt und ausgezeichnet. Dazwischen aber wurde die Paulskirche im Krieg 1944 komplett zerstört. Kurz nach dem Kriegsende begann die Stadt dann mit einem Neubau, der am 18. Mai 1948 eingeweiht wurde –passend zur Hundertjahrfeier der Deutschen Nationalversammlung. Seither ist die Paulskirche ein Ort der Erinnerung an die Entstehung der Demokratie in Deutschland.

Eine Renovierung des Baus fand von 1988 bis 1991 statt. Das Wandgemälde „Der Zug der Volksvertreter zur Paulskirche“ von Johann Grützke ziert seither das Untergeschoss. Auch eine Dauerausstellung zeigt dort, wie sich die deutsche Demokratie und Einheit in verschiedenen Stationen entwickelte. Oben im Versammlungssaal finden ausschließlich städtische und staatliche Events statt, so werden dort im historischen Gebäude etwa der Goethepreis der Stadt und der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.

Vor dem eigentlichen Paulskirchenfest finden die „Tage der Demokratie“ vom 12. bis 17. Mai statt. Diese werden vom Netzwerk Paulskirche organisiert. Geplant sind beispielsweise die „Global Assembly“ – globale Versammlung – mit Aktivisten aus aller Welt, ein virtuelles Jugendparlament mit den Partnerstädten Frankfurts sowie künstlerische und spielerische Aktionen, bei denen Demokratie sinnlich erlebbar gemacht wird. Mit seinen Projekten möchte das Netzwerk den demokratischen Prozess beleben, zur Teilhabe anregen und für das Gefühl der demokratischen Verantwortung aller Bürger begeistern.

175 Jahre Paulskirche und Demokratie: Die Stadt Frankfurt veranstaltet zu diesem besonderen Jubiläum ein großes Bürgerfest mit dem Ziel, die wichtige Bedeutung der Paulskirche als Tagungsort der Nationalversammlung herauszustellen. Der Wert der Demokratie wird ins öffentliche Bewusstsein gerückt und es entsteht ein Podium für eine Debatte über Zweck und Wesen der Demokratie in der heutigen Zeit, im 21. Jahrhundert. Rund zwei Millionen Euro stehen der Tourismus und Congress GmbH als Veranstalter für das Paulskirchenfest, an dem sich Institutionen, Verbände, Stiftungen und Vereine, Bildungsstätten, Behörden und Unternehmen beteiligen, zur Verfügung. Es gibt Vorträge, Diskussionen, Aktionen und Ausstellungen. Die offizielle Eröffnung mit einem Festakt findet am 19. Mai direkt in der Paulskirche statt. Dort werden auch bekannte Protagonisten der Frankfurter Nationalversammlung dargestellt.

Bürger feiern ihre Paulskirche

Auf dem Römerberg wird es eine Hauptbühne geben, auf der Musik und Theater gezeigt wird. Auch Stadtführungen zur Freiheitsbewegung der 1848er-Revolution werden angeboten. Eine Nebenbühne am nördlichen Mainufer präsentiert ein Musik-Programm, eine „Ode an die Demokratie“ wird am Donnerstag, 18. Mai ab 22 Uhr am Main aufgeführt.

Auch das Europa-Fest findet am Freitag, 19. Mai, bei den Feierlichkeiten des 175-jährigen Jubiläums der Paulskirche statt. Die für EU-Angelegenheiten und Bürgerbeteiligung zuständige Dezernentin Eileen O’Sullivan führt aus: „Das Europa-Fest mit dem 175. Paulskirchenjubiläum zu verknüpfen, lag fast schon auf der Hand. Die Paulskirche ist eng mit dem Thema Demokratie verbunden und die Europäische Union ist wiederum das Dach der Demokratie auf unserem Kontinent.“ Es wird daher einen ausgewiesenen Europa-Schwerpunkt mit buntem Bühnenprogramm und einem „Europäischen Marktplatz“ geben, der viele Begegnungen mit europäischen Akteuren sowie Institutionen möglich machen soll.

Bei der Frage, wie der Tag ausgestaltet sein soll, haben sich rund 350 Frankfurter eingebracht. Dazu hatte die Koordinierungsstelle EU-Angelegenheiten Ende vergangen Jahres die Frankfurter online in deutscher und englischer Sprache befragt. Die am häufigsten genannten Wunschthemen im EU-Themenspektrum sind Frieden und Demokratie, Kultur und Gesellschaft sowie Klimaschutz und Nachhaltigkeit. Die einzelnen Umfrageergebnisse sind online auf ffm.de/ecm-politik/frankfurt/de/process/58339 abrufbar.

„Frankfurt steht für Demokratie“

In Teil eins unserer Serie spricht Bruder Michael Wies, Diplomsozialarbeiter und -pädagoge, Kapuziner im Kloster Liebfrauen und Leiter des Franziskustreffs, über seinen Bezug zu Demokratie und Paulskirche:

„Demokratie ist der Ort des Aushandelns und des schließen von Kompromissen in einer Form des Zusammenlebens als Gesellschaft. Das ist das politische Prinzip, in dem ich gerne lebe und mich entfalte“, sagt der Kapuziner. Die Paulskirche steht für ihn „als Boden, wo vorher ein Franziskanerkloster gestanden hat. Sie ist der Ort, wo die Deutschen gelernt haben, sich mit dem Instrument der Demokratie auszuprobieren und zu lernen.“ Tolle Veranstaltungen der Stadt Frankfurt verbinde Bruder Michael mit der Paulskirche; Reden und Begegnung und Austausch im Namen der Stadtgesellschaft. „Es ist immer wieder eine Ehre, dorthin eingeladen zu werden und im Sitzungssaal mit den Mitbürgern zu sitzen und sich zu begegnen“, sagt er hochachtungsvoll.

Es passe zu dieser Stadt wie zu keiner anderen, dass hier die Demokratie erschaffen wurde. „Münster steht für Frieden und Frankfurt für Demokratie. Und genau das leben wir ja in einer Vielfalt der Menschen heute auch im 21 Jahrhundert als Stadtgesellschaft mit den Bürgern und Bürgerinnen der Stadt. Frankfurt ist eine alte Handelsstadt und reich an Geschichte. Es bedeutet auch Verantwortung für die Demokratie, heute einzustehen und für sie zu streiten und sie zu erhalten“, weiß der Guardian des Klosters.

Beim Bürgerfest wird Bruder Michael die Paulskirche besuchen. „Mit unseren armen und obdachlosen Gästen werden wir sie mit einem Gästeführer der Stadt erkunden.“ In Zukunft möchte Wies Obdachlose in Form von Partizipation beteiligen. Er wünscht der Paulskirche zum Geburtstag, „dass sie weiter offen ist für alle Bürger und Bürgerinnen. Und Strahlkraft entwickelt für Deutschland und Europa. Denn Demokratie gibt es nur mit Frieden.“

Veranstaltungen und Events

In der Woche von Mittwoch, 26. April, bis Dienstag, 2. Mai, steht dieses Event zum Thema an: „Die Paulskirche, die Demokratie und die Braubachstraß’“ heißt eine rund 90-minütige Führung der Frankfurter Stadtevents mit Dagmar Priepke, die am Donnerstag, 27. April, ab 16 Uhr stattfindet. Es geht um Frankfurts spannendste Straße, die Braubachstraße, die mit ihrer Geschichte und ihren handelnden Personen auf viele Weisen mit der Paulskirche verknüpft ist. Treffpunkt ist vor dem Haupteingang der Paulskirche, die Teilnahme kostet 20 Euro, das Mindestalter ist 16 Jahre. Infos und Tickets gibt’s online auf frankfurter-stadtevents.de.

Das Frankfurter WochenBlatt und die Stadtevents verlosen für die Führung „Morgens diskutieren und abends wird gelumpt – Die Nationalversammlung und die Stadt“ je zwei Karten für Samstag (18.30 Uhr) und Sonntag (elf Uhr), 20. und 21. Mai. Wer gewinnen möchte, schickt einfach bis Montag, 15. Mai, zehn Uhr, eine Mail mit dem Betreff „Nationalversammlung“ an gewinn@ frankfurter-wochenblatt.de. Die Gewinner werden von uns benachrichtigt.

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