Caroline von Grone malt die Kreuzigungsgruppe im Dom „Ich bin Finder, nicht Erfinder“

Caroline von Grone zwischen Gemälde und Skulptur der Kreuzigungsgruppe im Dom. F.: Faure

Altstadt (jf) – Durch die hohen Fenster des Doms fällt diffuses, warmes Licht, verstärkt durch den riesigen Leuchter in der Turmhalle. Beim Wiederaufbau in den 1950er-Jahren schuf der Maler und Grafiker Hans Leistikow diese Fenster. Direkt gegenüber dem Eingang und damit ins Auge der Besucher springend steht das fast drei Meter hohe Gemälde der Künstlerin Caroline von Grone. Sie zitiert die große Kreuzigungsgruppe rechts des Eingangs, die 1509 der mittelrheinische Bildhauer Hans Backoffen schuf.

Nach 1999 und 2003 ist es das dritte temporäre Atelier der in Hamburg lebenden von Grone in Frankfurt. „Die Kreuzigungsgruppe hat mich schon immer beschäftigt, bei Besuchen am Main habe ich sie genau betrachtet. So entstand die Idee, das Werk zu malen“, erklärt die Künstlerin.

Bettina Schmitt, Leiterin des Dommuseums, informiert darüber, dass diese sieben Personen umfassende Gruppe ursprünglich draußen an der Nordostseite des Doms stand. Sie war vor mehr als 500 Jahren von Jakob und Katharina Heller gestiftet worden, eine entsprechende Inschrift befindet sich noch auf dem Originalsockel draußen. Die Gruppe wurde 1910 ins Innere des Sakralbaus geholt, um sie vor Witterungseinflüssen zu schützen. Draußen steht eine Kopie. Eigentlich sollte laut Anweisung der Stifter jeden Freitag eine gesungene Messe vor der Kreuzigungsgruppe im Außenbereich stattfinden. Mit der Säkularisation wurde das aber wohl eingestellt.

Übrigens gibt es noch eine zweite Kreuzigungsgruppe von Backoffen in Frankfurt, eine Replik steht vor dem Peterskirchhof. „Aber die im Dom ist wohl sein bestes Werk“, urteilt Schmitt. Backoffen verband in seinen Figuren gotische Strenge mit menschlichen Zügen der Frührenaissance, das ist es, was auch die Gegenwartskünstlerin berührt. Caroline von Grone bemerkt zu ihrer Arbeit: „Ich begreife mich als Finder, nicht als Erfinder.“ Entsprechend hat sie die Figuren übernommen und zitiert. Erst bei längerer Betrachtung ihres Gemäldes werden minimal eingesetzte Farbaspekte sichtbar, leuchtet die Gruppe in sanften Blau-, Orange- und Grautönen. „Die Gruppe bringt das Evangelium auf den Punkt“, sagt die Museumsleiterin.

Ganz links hat der nur mit einem Lendentuch bekleidete Schächer am Kreuz seinen Kopf Jesus Christus im Zentrum der Gruppe zugewandt. Neben ihm, zu Füßen der drei Kreuze, steht Maria. Zu Jesus aufblickend ringt die nach damaliger Mode gekleidete Maria Magdalena um Fassung. Auf der anderen Seite des gekreuzigten Jesus hält Longinus die Lanze nach oben. Er bezeugt, dass Jesus Gottes Sohn ist und das Blut Christus seine Leiden heilt. Neben Longinus schaut Johannis mit geöffneten Händen zum Sohn Gottes. Den Kopf abgewandt von der Szene hängt der zweite, der „böse“ Schächer am Kreuz, gekleidet in der Mode der Zeit, unbelehrbar. Dabei verwendete Backoffen für die Gestalten von Maria Magdalena, Longinus und den Schächer auf der rechten Seite dunklere Steine; Maria, der „gute“ Schächer, Jesus und Johannes sind nicht nur aus hellerem Stein gearbeitet, sondern auch größer dargestellt.

Stefan Scholz von der Akademie Rabanus Maurus äußert: „Eigentlich gehören die Betrachter zum Bild dazu. Wer die Kreuzigungsgruppe nicht kennt, wird sie oft nicht wahrnehmen.“ Hingegen werde die Kopie draußen oft betrachtet. „Vielleicht sollte man ja draußen wieder Messen feiern“, regt Scholz an.

Caroline von Grone ist nun fertig mit ihrem vierteiligen Bild. Sie hat Tage lang von zehn bis 20 Uhr gearbeitet: Eine anstrengende Tätigkeit, zumal sie die Einzelteile immer wieder von drinnen nach draußen getragen hat, weil sich die Lichtverhältnisse enorm unterschieden haben. Dabei hat dann wohl auch noch einer ihr Handy geklaut, in nur wenigen Minuten. Und das im Dom. Das Bild aber ist fertig – und definitiv etwas geworden.